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- Rezension: KONZERTE - CONCERTS -


Laibach

2006-12-07
Stadt / City Helsinki 
Land / Country Finland 
Web www.laibach.nsk.si
 
Veranstaltungsort:
Location
Tavastia 
Datum / Date01 Dec 2006 

Es gibt gewisse Dinge im Leben, die festgelegt und unbestritten sind, fast für die Ewigkeit. Es gibt gewisse Konzerte im Tavastia, nach denen man die Uhr stellen kann: HIM an jedem Silvesterabend, Punkt. Die Slowenen Laibach zählen zur Elite der regelmäßigen Gäste, und so wird es auch weitergehen. Erfolgsgarantie jedes Mal. Die Tickets sind mit 25 € auch relativ teuer, dennoch ist der Gig jedes Mal schon Wochen vorher (meist Ende November) ausverkauft. Diesmal hat das slowenische Kollektiv nur die EU Versammlung in Helsinki um ein paar Tage verpasst; das Set mit hochpolitischen Inhalten hätte sich nahtlos in Diskussionen über die Lage Europas und der Welt eingefügt. Nur hätten sie dann vielleicht die Militärtracht weglassen müssen... aber die slowenischen Paten der Deutschen Rammstein hat Prinzipien, radikale Ansichten und macht keine Kompromisse. Ihre Einstellung und ihr Missionierungseifer ist vielleicht mit den Amerikanern Ministry vergleichbar, jedoch denke ich, dass Laibach viel stärker mit Europa und seiner Geschichte verbunden ist. Normalerweise wälzt du nicht gerade solche Gedanken an einem Freitagabend nach ein paar Drinks bei einem Konzert, eher ein soziales Event, aber Laibach siehst du dir ja nicht nur so zum Spaß an. Ich bin nicht mal sicher, ob das als nur Musik durchgeht. Es geht hier nicht um Heavy-Rock-Liebe-Drama-Spaß, sondern um Futter für die grauen Zellen: Öffnet die Augen und erkennt die Welt hinter den Medien, was Menschen widerfährt, stellt euch der Vergangenheit und bedenkt die Zukunft – in welche Richtung entwickelt sich die moderne Gesellschaft? Leider liest die Jugend heutzutage viel weniger und weiß daher nicht so viel über die Geschichte ihrer Heimat. Und das brauchst du unbedingt, um Laibach verstehen zu können.



Die Band benutzt viele Sprachen, aber nur selten ihrer Muttersprache. Die meisten Songs sind in Englisch und Deutsch, aber auch mit Versen in vielen anderen Sprachen versetzt. Dazu kommen noch Nationalhymnen und/oder Reden politischer Führer in den jeweiligen Landessprachen.

Was sich wie ein überlanges Intro ausnahm, war eine Endlosschleife mit verschiedenen Nationalhymnen, traditionellen Songs und Chören, was anfangs gut wirkte, mit der Zeit aber langweilig wurde. Keine Vorband, aber schon volles Haus um 21:30 – sehr gut für Tavastia, sowas hab ich nicht oft gesehen.

Der Bühnenaufbau ist simpel: Mini-Schlagzeug, drei Keyboards und ein Mikrofon für jeden der Künstler. Im Hintergrund zwei Leinwände und Projektoren. Alle Bandmitglieder bis auf den Sänger kommen auf die Bühne, schlicht und ernst, keine Publikumsbegrüßung, gar nichts. Der Sänger tritt auf und wird mit noch lauterem Jubel und Applaus begrüßt: keine Reaktion. Er steckt in seinem klassischen Outfit: Militärtracht der 40er Jahre, an der Mütze das silberne Laibach-Logo. Er schaltet die Projektoren ein: sie laufen nicht parallel, sondern einer setzt später ein, der Stil erinnert an die gute alte Diashow. Als Soundtrack läuft eine Nationalhymne (ich bin nicht sicher, aber es könnte die slowenische sein), aber keine Texte. Laibach stellt sich in Positur, und der erste Song beginnt.



Das Set bestand aus zwei Teilen.
Zunächst gab Laibach Material des neuesten Outputs namens Volk zum Besten, Interpretationen der Nationalhymnen aus: “Germania”, “America”, “Anglia”, “Rossiya”, “Francia”, “Italia”, “España”, “Yisrā´el”, “Türkiye”, “Zhōnghuá”, “Nippon”, “Slovania”, “Vaticanae” und “NSK” (tatsächliche Songtitel). Während der Songs wurden Flaggen, nationale Symbole, Schriften, Kriegsbilder und andere für das Land relevante Bilder projiziert, und Ausschnitte vom aktuellen Video „Anglia“ zum entsprechenden Song. Alle Hymnen fingen mit den offiziellen Texten, von Chören gesungen, an. Zwischendrin gab der Sänger seine Kommentare, stellte rhetorische Fragen an die Landesherren und die Nationen (Zitat: „Wo ist euer Sieg nun?“) Eine Menge zum Reinhören und eine Menge an explosiven Informationen: Hymne auf Hymne, Rede auf Rede, kein Moment Pause.
Hut ab vor dem Mädel am Keyboard (in echt süßem Outfit, wie ein Folklorepüppchen aus dem Osten), die zugleich für Backvocals und zusätzliche dahinfließende Folklore-Gesangslinien zu den Nationalhymnen verantwortlich war, in russisch, deutsch oder chinesisch - sehr beeindruckend, aber wohl schwer, sich das alles zu merken.

Die zweite Hälfte bestand aus einem anderen Set, Keyboarder löste Keyboarderin ab, zwei weibliche Bandmitglieder zusätzlich und schnelle Industrial Dancetracks, aber die Message kam ebenso stark und überzeugend rüber. Das Publikum kannte die Songs und Texte, egal in welcher Sprache.

Während die Szenerie wechselte, verlange das Publikum lautstark nach Zugabe. Klatschende Hände in der Luft, stampfende Füße, rhythmische „Lai-bach“ Rufe – aufgeheizte Stimmung, energiegeladenes Publikum, jedoch der Sänger blieb das gesamte Set über ausdrucks- und emotionslos. Nur als die Lichter ausgingen und er dachte, er sei nicht mehr zu sehen, konnte ich ein zufriedenes Lächeln auf seinem Gesicht entdecken. Es gab auch keinerlei Ansagen. Das Programm wurde strikt nach Plan runtergespielt, mit den passenden Videosequenzen, das wars.



Die Bühne war schnell umgebaut, und die Show ging weiter mit den stärksten Songs der Band: “Hell:Symmetry”, “Du bist unser”, “Tanz mit Laibach”, “Alle gegen Alle”, “Achtung!” und “Das Spiel ist aus” zum Abschluß.
Zwei Mädchen (blond und brünett, mit Zöpfen) waren eine nette Ergänzung des Line-ups, in schwarz gekleidet, soldatenähnliche Kniestrümpfe und wie der Sänger hohe Stiefel und ganz in schwarz, ernste Gesichter – tolle Show, symmetrisch und strikt. Mit ihren Dirigenten/Trommel? Stöcken geleiteten sie die Menge durch das gesamte Set. Keine Tänze, aber stets im Rhythmus, stylisch und gepflegt, eine Band, die auch ästhetisch ein Genuß ist. Und obwohl der Gig fast identisch mit dem letzten war, keine Kopie einer Tavastia-Show, sondern eine solide Weiterentwicklung des individuellen Band-Images.
Die Mädchen gestikulierten, wie um die Band zu dirigieren – einerseits ein Beitrag zum Bandimage, andererseits eine Illustration, wie sich Laibach Politik vorstellen: höhere Autoritäten, die dirigieren, als Meister, die die Puppen tanzen, spielen, atmen lassen... eine sehr lebendige und einprägsame Metapher. Das Publikum war durchwegs im Gleichklang mit der Band.

Der Abspann war wie im Kino, eine endlose Credits-Liste mit Songtiteln, Autoren, sämtlichen Crewmitgliedern etc. usw., gefolgt von einem Medley aller Laibach-Songs dieses Abends. Ein sehr interessantes Detail des Programms und stylisches Ende des Abends. Die Band kam zweimal zum Verbeugen zurück, ein stummes „Danke“, aber noch immer kein Zeichen von Emotionen oder Entspannung.

Sicherlich ein erfrischender Wind für ein finnisches Venue, was Band und Publikum betrifft: historische Militäroutfits, ein paar traditionelle slowenische Trachten und Frisuren, Industrial Goths, nicht nur simples Band-Merchandise sondern vollständige Kostümierung, fast keine Metaller und eine Handvoll Stammgäste aus Helsinki – das Publikum nahm das Konzert ebenso ernst wie die Band. Alle voll bewusst und „clean“ im Sinne von Benehmen, Ästhetik und Einstellung der Leute, eher wie in der Oper, wo die Leute zum Zuhören hingehen und nicht, um sich vollaufen und aus den Fugen gehen zu lassen. Ein Juwel des finnischen Undergrounds, in der Tat ein Genuss für Auge, Ohr und Seele.

Die einzige Enttäuschung war die viel zu kurze Dance-Setlist, als das Publikum der Band aus der Hand fraß, wohingegen der Einstieg etwas zu langatmig war. Andererseits einer der besten Abende im Tavastia. Nicht nur wegen der makellosen Band, auch der DJ bestach mit einer exzellenten Auswahl von Dark Wave, Elektro, Old School und traditionellem Goth. Also blieben auch nach Abschied der Band eine Menge Leute im Club, um eine Party steigen zu lassen, wobei es diesmal nicht rein ums Saufen ging.

Marina Sidyakina, translation: Klaudia Weber


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9.5/10



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