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Pothead: Einmal zum Mond und retour

Seit mehr als 16 Jahren stehen Pothead als deutsche Institution für Stonerrock. Von Berlin aus haben die Potköpfe mit Ihren Konzerten in der ganzen Republik gespielt, und Reise geht trotz Brads Verletzung weiter (siehe Tourdaten). Ausserdem steht bald ein neues Album an. Zeit für einen Rückblick auf die Geschichte einer außergewöhnlichen amerikanisch-deutschen Rockband. STALKER sprach mit den drei Jungs aus Berlin. Brad (Gesang und Gitarre), Jeff Dope (Bass) und Sebastian Meyer (Schlagzeug).

Wie würdet Ihr selber Euren Musikstil bezeichnen?
Brad: Ich denke unser Musikstil ist Rock´n´Roll mit Bluesanteilen.
Jeff: Das denke ich auch.
Seb: Das meine ich auch (lacht)

Wie muss man sich den Produktionsprozess eines Songs vorstellen? Von wem kommen die Impulse, was bringen die Anderen mit rein?
Brad: Ich schreibe die Songs und dann frage ich die Jungs, ob sie Ihre Teile auch einbringen wollen. Das funktioniert bisher ganz gut. Manchmal muss ich sie ein wenig treten (lacht) aber insgesamt funktioniert es wirklich sehr leicht.

Brad, im Gegensatz zu anderen Bands, wirken bei Dir die Texte nicht so liebeslastig. Sie beschäftigen sich mit allen möglichen, manchmal auch recht Sonderbaren, wie z.B. "The neighbour". Woher nimmst Du die Inspiration für Deine Texte?
Brad: Das ist eine schwere Frage. Meine Inspiration bekomme ich von vielen unterschiedlichen Dingen. Und die nehme ich einfach mit rein. Das kann Politik, Geschichte, manchmal auch eine Familiensituation sein. Ich meine damit einfach das ganz normale Zeug.



Lasst uns mal kurz Eure Platten durchgehen. USA! (1993) war Euer Erstlingswerk, welches noch recht schroff und ungeschliffen daher kam. In Eurer endgültigen Besetzung als Trio kamt ihr dann aber musikalisch gesehen mit den Platten "Rumbly Oil Pull" (1994) und "Desiccated Soup" (1995) schnell in Fahrt. Als musikalischen Meilenstein sehen viele Fans die 1997 erschiene Platte "Learn to hypnotize" an. Habt Ihr das auch so gesehen?
Brad: Wir waren überrascht, dass die Leute das so gesehen haben. Aber wir hatten diese USA! Demo CD produziert, um auf Europatour zu gehen. Wir spielten einige Gigs und waren ein bunte Mischung aus unterschiedlichen Bands. Wir jammten ein wenig, hatten aber keine Songs, gingen ins Studio und machten eine Demo-CD um unsere Tour zu bestreiten. Dann spielten wir viel in Berlin wo wir mit ein paar anderen Kumpeln ein paar Shows zu bestreiten hatten. So legten wir unser Zeug zusammen und waren überrascht wie viel Spaß das zusammen zu spielen machte.Und es war schön nicht daran zu denken wie wir zu spielen hatten, weil zu dieser Zeit hatten die Leute ein gutes Verständnis für Musik. Die alternative Musikszene wurde bekannt mit Punk usw. und wir spielten das, was die Magazine Stonerrock nannten. Ja, wir konnten das spielen, hatten Spaß und das war unsere erste CD. Ich lass dann auch einige schlechte CD-Besprechungen in der VISION und ähnlichen Magazinen aber wir mochten unsere Musik und ich denke mal, darauf kommt es an.

Die Platte USA! war ziemlich hart und rau!
Brad: Wenn Du für diese Leute spielen willst, kannst du es nicht soft machen. Es war eine Frage des Überlebens. Und die anderen CDs, die wir dann raus brachten wurden dann etwas musikalischer. Und dafür fanden wir Sebastian in einem Second Hand Magazin. Er kam und machte die Sache ein wenig melodischer. So erklärt sich auch der letzte Song auf USA! der eher ein Zufall war. Die Leute mochten ihn und das war Ok und so packten wir ihn als Bonustrack mit auf die Platte.

Dieser Song war wirklich gut.
Brad: Danke schön. Wie gesagt, dieses Lied war ein Zufall und wir haben eine Menge Feedback dafür bekommen. Die Leute mochten das und wir machten mehr Songs wie diesen. Wir schrieben den Indiansong usw. und die kamen dann auf die nächsten drei Alben.

Fairground (1999) war jetzt nicht Euer erfolgreichstes Album aber eines euer best produzierten CDs. Man hört das am Klang und an der Vielfältigkeit der stilistischen Mittel. Wünscht ihr Euch nicht manchmal die Produktionsmittel eines Major-Labels zurück?
Brad: Nein, ich mag nicht wie die meisten größeren Labels mit den Sound einer Band umgehen. Sie benutzen zu viel Kompression Deswegen habe ich ein Problem damit die Platte Fairground zu hören. Der Kerl, der sie gemixt hat, tat zu viel des Guten mit der Kompression. Er nahm auf die selbe Art und Weise andere Songs auf und er packte alles in diese gigantische Mischmaschine, er schloss die Kabel an und schickte das Signal ein mal zum Mond und zurück. Ich mag diese Art der Bearbeitung nicht, weil sie meinen Ohren weh tut. Ich möchte die Möglichkeit haben einen Song laut zu hören aber nicht über die ganze Länge.

Ebenfalls 1999 hattet ihr es dann geschafft. Ihr wart W.O.M.-Act des Monats und beim Weihnachtskonzert des Rockpalastes in der Philipshalle in Düsseldorf ward ihr auch dabei. Wie empfandet ihr das und wie seit ihr vom Publikum aufgenommen worden?
Brad: Wir waren niemals W.O.M.-Act of the Month.

Doch, ward ihr! Wirklich!
Brad: Wir haben das nicht bemerkt. Aber Rockpalast war wirklich genial. Es ist ein großartiges Programm. Das Publikum in der Philipshalle wollte ein paar andere Bands wie z.B. Muse sehen. Wir spielten für sie und ich bemerkte das sie nicht wussten, wer wir waren. Aber sie nahmen es gut auf, klatschten dazu und mochten es auch. Die ganze Sache sägte aber trotzdem an unseren Nerven. Diese ganzen Kameras und das alles. Sie haben mehr als fünfzehn Kameras da. Das nervte und der Zeitplan war normalerweise nicht so präzise. Wir bekamen gesagt, dass wir in ein paar Minuten auf der Bühne sein sollten. Und dann plötzlich waren es nur noch dreißig Sekunden. Und auf diese Weise machten sie alles, was sie aufnahmen.

Das war also nicht so gut?
Brad: Nein, wir mochten es trotzdem. Ich meine es war großartig. Es war ein großer Spaß beim Rockpalast zu spielen.

Ja, und vor allem, das erste mal im Fernsehen?
Brad: Ja, aufregend. War eine große Sache. Ein netter Spaß möchte ich sagen.



Mit "Burning Bridges" (2000) habt ihr Euch dann endgültig von der Musikindustrie losgesagt und alles in Eigenregie produziert. War das ein leichtes Unterfangen?
Brad: Wir machten es vor allem, weil die Firmen nicht mehr so interessiert an uns waren. Es war halt die große Chance, weil ein neues Verteilermedium da war. Ich lass davon und dachte: Dass dauert keine 6 Monate und alle Bands machen das so. Ich meinte, zu diesem Zeitpunkt würde jede Band für sich sagen: Wenn ich nur meinen eigenen Mac habe, dann veröffentliche ich die Sache eben selber. Und schließlich war es da, das Internet. Ich und meine Band feierten wie verrückt. Juchhu! Wir setzten unsere Musik auf unsere Internetseite und dachten: Wow, in ein paar Monaten wird das jede Band so machen. Wieso auch nicht? Aber es passierte nicht und wir stellten fest das wir ziemlich alleine da standen und die anderen Bands sich wieder der Musikindustrie zuwandten.

"Grassroots" (2001) war wieder ein recht typische Potheadscheibe, ebenso "Tuv Luv" (2003) welche recht kurz aber auch sehr knackig war. Viele sahen dann aber in dem Longplayer "Chaudiere" (2006) eine Entgleisung Eures bisherigen musikalischen Konzeptes. Ihr überraschtet dort mit einer sehr locker, flockigen Spielweise mit leichten Grooves und einem fast heiteren Charakter. Was hatte euch da getrieben?
Brad: Bis zu diesem Zeitpunkt nahmen wir unsere Songs immer mit einer analogen Bandmaschine auf. Und dann stellten wir um auf digital. Wir hatten da einen Macintosh Computer und die Sonne schien uns heiß ins Studio und machte unseren Computer mitten in der Aufnahme kaputt. Wir mussten neu beginnen und verloren viel Zeit. Es gestaltete sich ziemlich schwierig ein Backup unserer Aufnahmen herzustellen. Ja, dass war hart. Du erschaffst etwas und bist gerade mitten drin und dann passiert dir so etwas. Tja und dann hatten wir diesen Zeitplan, verstehst Du?

Mit "Rocketboy" (Ende2007) seit ihr ja wieder zu saftigen Riffs und deftigen Bässen zurück gekommen und die neue Platte soll ja eine Fortsetzung dazu sein. Könnt ihr schon sagen was uns musikalisch erwartet?
Jeff: Wir haben diese Idee verworfen..

Oh, meine Information scheint zu alt zu sein. Was können wir denn vom neuen Album erwarten?
Brad: Das neue Album ist in Arbeit. Ich denke es klingt nicht mehr ganz so wie die alten Platten. Ein bisschen grooviger. Ich kann es nicht genau sagen. [Das neue in Kürze erscheinende Album wird Potheadville heißen]

Ihr drei habt jetzt mehr als 16 Jahren durch Deutschland getourt und habt 11 Studioalben fertiggestellt. Ich persönlich kenne keine andere Indieband die so kontinuierlich auftritt und Platten produziert. Gab es jemals den Punkt, wo ihr gesagt habt, jetzt schmeißen wir die Sache hin?
Jeff: Nein, zu diesem Punkt kamen wir nie. Ich meine natürlich nie wirklich. Letztendlich hat darüber nie jemand nachgedacht. Die Dinge gehen ihren Weg und wir sind gut aufgestellt. Alles läuft sehr gut für uns.

Wie allgemein bekannt seit ihr (Jeff und Brad) beiden ab 1992 in Deutschland. Habt ihr eigentlich die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen?
Jeff: Wir sind immer noch Amerikaner. Jedenfalls für eine Weile noch. Wir werden sehen, wie es läuft. (lacht)

Besucht ihr ab und zu noch Verwandte und Freunde in Seattle oder habt ihr die Brücken nach den USA abgebrannt?
Jeff: Wir haben immer wieder Kontakt zu unseren Freunden. Meistens über Email. Ein alter Freund, Scrab ein Schlagzeuger, der auf unserem Album USA! gespielt hat z.B. oder ein anderer Drummer war auch hier in Deutschland uns besuchen. Und natürlich haben wir noch Kontakt zu unseren Familien.

Sebastian, Dein Drumset ist mit den Jahren auch langsam größer geworden. Warum spielst Du kein Doublekick Pedal ;-) ?
Seb: Ach, das war ganz am Anfang die erste Frage von Jeff, als er mich auf die Anzeige hin angerufen hat ob ich ein Doublekick Pedal spielen würde. Nun, zu diesem Zeitpunkt tat ich es nicht.

Das ist alles?
Seb: Das ist eigentlich alles. Ich kann natürlich ein Doublekick spielen und manchmal denke ich ins geheim ich kauf mir eines. Aber ich kann das nicht öffentlich sagen, sonst bekomme ich Ärger. (Unruhe im Hintergrund)

Das passt nicht ganz zu eurer Musik?
Seb: Ich würde es nicht aus Spaß kaufen. Es wäre bei einigen Teilen unserer Musik einfacher für mich. Aber jetzt muss ich halt mit einer Bassdrum auskommen, was auch ganz gut funktioniert. Ich benötige halt nicht dringend ein Doublekick aber es gibt da ein paar Sachen die ich mal ausprobieren möchte. Da wäre das schon ganz nett. (Unruhe im Hintergrund) Also, ich spiele kein Doublekick Pedal und wenn ich auf die anderen schaue wird es nie dazu kommen. (lacht)

Was hatte dich (Brad) eigentlich dazu bewogen Deine Gibson Explorer gegen eine Ibanez auszutauschen? Spielt sich die neue Gitarre besser?
Brad: Ich liebe meine neue Gitarre. Ich kann das nicht genau erklären. Sie ist großartig. Es ist wundervoll. Aber die Gibson Explorer liebe ich auch. Aber die Sache ist die und da möchte ich mich fast für entschuldigen. Auch sie lasse ich nach der Show über nacht im Auto liegen.

Aber wir werden sie noch manchmal auf der Bühne sehen?
Brad: Manchmal, ganz selten.

Jeff, ein wichtiges Charakteristikum von Pothead ist Dein extrem tiefer sehr stark im Vordergrund spielender Bass. Welcher Marke gibst Du den Vorzug und welche elektronischen Effekte kommen zum Einsatz?
Jeff: Bei all meinen Sounds gibt es kein Effektgerät. Dies mache ich alles mit den weichen, empfindlichen Berührungen meiner beiden Finger. (Lachen im Hintergrund)

Das kann ich nicht glauben. Du verarscht mich?
Jeff: Darüber würde ich keinen Spaß machen. Ich spiele übrigens einen Gibson Bass.



Euer alljährliches Potstock-Festival ist ja zu einer festen Institution für viele Fans geworden. Das läuft jetzt seit dem Jahr 2000. Was macht den Reiz dieses Festivals aus, auf dem ja nur Ihr spielt? Wie viele Stunden spielt ihr da eigentlich?
Seb: Wir waren im vergangenen Jahr zum zehnten mal beim Potstock. Und das hat einerseits damit zu tun, dass die Gegend dort so toll ist aber es ist halt immer noch in der Nähe von Berlin. Es herrscht einfach eine bestimmte Stimmung beim Potstock. Da treffen sich hauptsächlich Potheadfans. Wenn wir da ankommen ist meist schon eine Rauchwolke von Weitem zu sehen. Die Leute reisen schon am Vortag an um zu campen. Alle haben ihr Feuerchen an und alle haben Ihre Kofferräume auf und spielen Potheadmusik. Und viel Kinder sind da und es wird Fußball gespielt. Ja, es ist halt eine besondere Atmosphäre da und das ist ein Grund warum dieses Potstock immer größer wird. Für uns ist es ein wichtiges Konzert. Wir spielen da gerne und spielen da auch gerne sehr lang.

Wenn ihr sagt lang, dann meint ihr auch zwei bis drei Stunden?
Brad: Wir spielen sehr lange da, meistens über drei Stunden. Aber ich denke es geschieht ungeplant. Es ist alles sehr locker und spontan. Ich weiß nicht genau, warum die Leute es so mögen. Vielleicht weil sie merken, dass alles hausgemacht ist. Das ganze Festival ist hausgemacht. Eine Menge Leute gehen zu Festivals ausgestattet mit Geldautomaten usw. und bezahlen zwanzig Euro für eine Flasche Wasser. Weißt du, wir haben keinen großen Sponsorenkreis und so haben die Menschen das Gefühl akzeptiert zu werden, es ist alles ganz natürlich. Verstehst Du was ich meine?

Bei Eurer T-Shirt Kollektion habt ihr auch Kinder-Shirts. Das ist recht ungewöhnlich. Wer hatte die Idee?
Brad: Die Leute haben die T-Shirts angefragt. Wir haben mittlerweile drei Generationen. Großvater, Vater und die Kinder.

Einige Songs auf den Platten sind immer sehr ruhig und melancholisch. Gespielt werden sie aber nie auf den Konzerten. Braucht ihr die Songs für euren inneren Ausgleich?
Brad: Manchmal spielen wir die weicheren Songs. Aber weißt du, du kannst diese Songs nicht das ganze Konzert spielen. Die Leute wollen rocken.

Könnte man Euch auch für eine Geburtstagsparty mieten? Und wenn ja, was würde das kosten?
Brad: Wir sind da immer offen, wenn es zum richtigen Preis kommen (lacht). Aber im Ernst, man benötigt eine Menge Ausrüstung vor Ort und letztendlich ist es zu teuer.

Noch ein paar letzte Worte an Eure nicht gerade wenigen Fans?
Brad: ROCK ON !!!

www.pothead.de


Autor: Gernot Hermenau, photos: Pothead
Eingetragen am: 2010-03-09

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