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Ladytron: Ein bisschen schaurig

Hier geht es um ein Quartett aus Liverpool ... nein, nicht was ihr jetzt denkt, diesmal sind es zwei Jungs und zwei Mädels, und ihr Stil fällt eher in die Kategorie Electronic Pop-Rock... In Europa sind sie wohl noch ein relativ unbeschriebenes Blatt, ihr Album „Witching Hour“ ist erst seit kurzem am Markt, jedoch fiel die Band als Toursupport von Nine Inch Nails auf. Vor ihrem letzten Support-Gig in Helsinki plauderte STALKER ein wenig mit Helen und Reuben.




Könntet ihr eure BandkollegInnen beschreiben, ihre Charakteristiken oder Spleens?
Reuben: Mach ich Dani? Mira? (lacht)
Helen: Schwierig, die Kollegen zu beschreiben...
Reuben: ...am Ende der Tour.

Vielleicht könnt ihr ja mit euch selbst anfangen...
Helen: Ich bin Helen, ich singe, spiele Keyboard, und ich... bin ...
Reuben: ....ziemlich schüchtern.
Helen: (lacht) Ja, schüchtern, das ist mein Charakter.
Reuben: Schüchtern und schottisch!
Helen: Eine gute Kombination (lacht) Mira und Dani sind aus Liverpool, und Reuben: ist ein Autofetischist, alte Autos...
Reuben: Alte Autos, aus den 79ern und 80ern. Ich bastle auch gerne an ihnen rum, aber ich habe nicht so viel Zeit, um kaputte Motoren zu reparieren... einfach so zum Spaß. Ich kann einfache Sachen reparieren, aber es geht hauptsächlich ums Fahren dieser Autos. Naja, und wenn du dauernd mit der Band auf Tour bist, tut es gut, nach Hause zu kommen und normal zu sein, normale Sachen zu machen, Pizza essen gehen, ins Kino oder zu Hause abhängen...
Helen: ...oder spazieren gehen...
Reuben: ... das wird dann irgendwie... du fängst an, es echt zu mögen, als etwas Kostbares zu empfinden... es ist nett, neben der Musik noch andere Hobbies zu haben.
Helen: Wir sind jetzt am Ende der Tour, heute ist der letzte Gig mit Nine Inch Nails, und daher sind wir alle etwas ausgelaugt, müde, abgekämpft...
Reuben: ...es war eine siebenwöchige Tour, und das ist so ziemlich unser Limit. Zuletzt hatten wir das in den Staaten, und das war auch hart. Aber diesmal ist es anders, weil wir als Support für eine andere Band spielen, da gibt’s eine andere Art von Energie auf der Bühne. Es war echt toll, wir haben eine Menge neuer Fans gefunden, alles war sehr positiv.
Helen: Zwischendurch haben wir auch unsere eigenen Gigs gespielt, wie etwa gestern Abend in Stockholm. Es ist nett, sowas ab und an zu machen, denn es hat nen anderen Vibe und hält das Ganze frisch.



Naja, NIN zieht ja auch viel Heavy Metal Publikum an, also gab es da für euch nie Probleme?
Reuben: Nein. NIN gibt es ja auch seit 1989, also sind ihre Fans auch sehr lange mit dabei und wuchsen gewissermaßen mit der Band auf. Und sie sind generell etwas aufgeschlossener. Heutzutage überschneiden sich Electro-Pop und Metal viel mehr, ich glaube, wir hören dieselben CDs zu Hause an und haben dieselben Inspirationsquellen.
Helen: Ich glaube, die Fans vertrauten auf Trent Reznors Urteilsvermögen, denn er hat uns zu dieser Tour eingeladen, und wir freuen uns natürlich darüber. Die Fans sind also neugierig, warum er uns ausgewählt hat und zeigen also schon im Vorhinein Interesse an unserer Show. Wir haben viel Publikum, was für einen Support Act ungewöhnlich ist, und sehr interessiertes Publikum. Wir hatten nie Probleme oder negative Atmosphäre.

Also, warum hat er euch für die Tour ausgesucht?
Beide: Er mag einfach unsere Musik
Reuben: Wir waren in den Staaten und in Australien ziemlich viel auf Tour und haben dort schon einen Namen. In Europa kam das Album erst jetzt raus, nachdem es in den USA schon zwei Jahren lang am Markt war. Also ist es gut für uns, bei dieser Tour dabei zu sein und zugleich ein Album frisch am Markt zu haben.

Was sind eure musikalischen Einflüsse, abgesehen von den offensichtlichen wie Depeche Mode, Kraftwerk – woher holt ihr euch die Inspiration?
Helen: Sehr unterschiedlich, wir sind ja vier in der Band. Wenn wir Songs schreiben, denken wir nicht an Stile... es gibt viele Einflüsse in unserer Musik, nicht nur Elektronik, sondern Folk... ich und Mira mögen Folk Music, Bob Dylan...
Reuben: Es hängt davon ab, was auch immer du seit deiner Kindheit anhörst...
Helen: ...du kannst dich nicht wirklich festlegen...
Reuben: ... du bildest dir deine eigene Meinung, was Musik eigentlich ist, und das in einem frühen Alter, glaube ich. Natürlich gibt es Bands, auf die du besonders stehst, aber du versuchst, so kreativ und originell wie nur möglich zu sein, du sagst nicht „das hier soll nun genau so klingen“. Im Fall von „He took her to a movie“ war es ein bisschen ironisch gemeint, einfach was wir gut fanden, wir erwarteten nicht mal, dass es was Besonderes wird, und dann wurde es bei NME die Single der Woche. Und von da an ging es los...
Helen: Aber seither ziehen die Leute voreilige Schlüsse und glauben, wir seien besonders von Kraftwerk beeinflusst. Wir mögen Kraftwerk, aber es waren grad nur ein paar Noten, die anscheinend in den Köpfen der Leute was auslösten...
Reuben: Ud wir sind zu viert, und wir haben Synthesizer
Helen: Aber ansonsten verbindet uns nichts mit Kraftwerk
Reuben: Ich glaube, Einflüsse gibt es nur im weitesten Sinn, und es gibt eine Menge davon, denn wir sind vier Leute in der Band, und die musikalischen Interessen sind breit gefächert.
Helen: Und sie überschneiden sich auch.



Also ist jeder am Songwriting beteiligt, nicht nur eine Person?
Reuben: Also, Dani schreibt die meisten Songs, aber wir alle schreiben Songs und arbeiten auch an den Tracks der anderen untereinander. In diesem kreativen Prozess kann es einen Pool an Demos von verschiedenen Bandmitgliedern geben, ein paar brauchen Texte, oder Melodien, Drums... in verschiedenen Stadien der Vollendung. Wir bearbeiten gegenseitig unsere Musik.
Helen: Du machst, was du kannst, und gibst es den anderen, damit sie ihren Stempel daraufsetzen.

Warum der Titel “Witching Hour”? Ich hab da diese Assoziationen mit einem alten Venom-Song...
(Gelächter)
Reuben: Das kam im Text von „Soft Power“ vor, sonst nichts...
Helen: Es klingt gut, mystisch...
Reuben: Ein bisschen schaurig.
Helen: Yeah... das gefällt uns!

Tja, ich erinnere mich an Kritiken von Elektronikbands, dass jene auf der Bühne viel zu statisch wirken, wie löst ihr dieses Problem
Reuben: Wir lassen die Mädels tanzen üben.(Helen lacht) Wenn wir proben, bring ich sie zu einem Tanzstudio zum Trainieren... denn ich spiele Synthesizer und kann nicht rumspringen, ich tanze in meinem Herzen, und die Girls ziehen ihr Ding durch und tanzen, da achtet keiner auf mich. Statisch zu sein war ein Problem für uns, als wir anfingen aufzutreten, damals noch ohne Schlagzeuger, wir verließen und auf Backing Tracks und fühlten uns dadurch sehr bloßgestellt. Damals fingen wir gerade erst an und waren sehr nervös. Aber jetzt haben wir nen Drummer.
Helen: Ich glaube, das war ein Lernprozeß. Als wir anfingen, wußten wir noch nicht wirklich so genau, was wir tun, ich war sehr nervös, Mira ebenfalls, du weißt nicht wirklich, wie du dich auf der Bühne verhalten sollst. Und mit den Jahren lernst du, was funktioniert und wie das Publikum reagiert... ich glaube, es sind diese Jahre der Erfahung, wir wurden auf der Bühne immer besser, alles ist nun mehr im Fluss. Wir benutzen auch unsere eigenen Visuals, ein Bühnenkonzept, Beleuchtung...
Reuben: Visuell werden wir von Filmen, die wir mögen, beeinflusst, von Fundstücken oder Clips, die wir selber machen. Ich glaube in Zukunft wollen wir es mehr in die Musik einbauen, dass Effekte durch Musik ausgelöst werden. Manchmal können Visuals auch die Aufmerksamkeit von der Band ablenken, und das ist manchmal gewollt, wenn die Band unbestimmbar aussieht. Unsere Visuals sind Helen und Mira, jeder achtet auf sie, also brauchen wir nicht wirklich was...



Was ist eurer Meinung nach toll und was beschissen am Musikerdasein?
Helen: Es gibt nicht wirklich was Schlimmes am Musikerdasein... es ist nur schwierig für mich, so lange Zeit in einem Bus zu verbringen. Echt schlimm, so viele Leute im Bus... es...stinkt... und nach einiger Zeit willst du einfach abhauen...
Reuben: Am besten ist das Reisen, neue Orte sehen und den Horizont erweitern, und plötylich bist du ein völlig anderer Mensch.

Aber kriegt ihr wirklich was zu sehen?
Helen: Manchmal, nicht immer...
Reuben:Hängt von dir selber ab. Natürlich müssen wir den Gig spielen... Mira ist echt gut darin, Zeitfenster zu finden und Sightseeing zu machen, und wenn ich kann, schließe ich mich an. Manchmal kommen wir mehrmals zu denselben Orten.
Helen: Dann ist es einfacher, wir haben einen Tag Pause und können dann diese touristischen Sachen machen
Reuben: Und wenn du einmal da warst, wirst du meistens nochmal eingeladen. Zum Beispiel China, wo wir auf Tour waren, fast einen Monat, und seitdem waren wir wieder ein paarmal dort, besuchten Peking, die Mauer, also das Reisen ist gut...
Helen: Das beste sind die Auftritte jeden Abend.
Reuben: Nein, ich weiß nicht so recht. Den musikalischen Teil mag ich gar nicht...
Helen: Nein? Musiker zu sein ist Scheiße (lacht)
Reuben: Das beste sind die Groupies! (Gelächter) Und das schlimmste für mich ist es, so lange Zeit weg von zu Hause zu sein.
Helen: Yeah, das ist das schlimmste. Einige können besser damit umgehen, ich glaube, es hängt davon ab, was zu Hause auf dich wartet, Familie, Freunde, dann ist es echt schlimm für eine so lange Zeit.



Habt ihr zum Abschluß noch eine lustige oder verrückte Tourstory auf Lager?
Reuben: Hunderte...
Helen: (lacht) Oh, ich weiß nicht welche... naja, wir vergessen öfters Leute, in den USA fuhren wir mit dem Bandbus los, vergaßen jemanden an der Tankstelle und merkten erst eine halbe, eine Stunde später... aber das ist nicht wirklich verrückt...
Reuben: Nein, ich glaub nicht, dass uns wirklich was Schlimmes passiert ist... hm, verrückte Story... naja, in Serbien spielten wir vor Slayer in einer alten mittelalterlichen Burg, Slayer, Ladytron und Fatboy Slim. In dieser Nacht hatte unser damaliger Bassist einen Unfall, trank ne Flasche Wodka und fiel von einer Mauer, verletzte seinen Knöchel und lag dann ewig da, bis er zufällig gefunden und ins Krankenhaus gebracht wurde. Ich war unterwegs bis sechs Uhr morgens, und als ich ins Hotel kam, rief er an, weinte „Ich bin im Krankenhaus, ich hab mein Bein verletzt, kannst du mich abholen?“ Ich verneinte, weil ich nicht wusste, wie ich da hinkomme: „Wieso kommst du nicht zum Hotel?“ Dann musste ich eine Stunde warten, ehe dieser Trabant mit diesem riesigen Krankenpfleger ankam, Sebastian am Beifahrersitz, und er weite... Ich musste dem Pfleger mein letztes Geld geben und unseren Bassisten dann drei Stockwerke hochschleppen in sein Zimmer und ihn ins Bett stecken... und er weinte „Tut mir so leid, tut mir so leid“...
Helen: (lacht) Musstest du ihn auch ausziehen?
Reuben: Nee, hab ich nicht gemacht
(Gelächter)

Danke für das Interview!


Autor: Klaudia Weber, photos: Ladytron, Julia Sheremeteyeva
Eingetragen am: 2007-04-22

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