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Wacken Open Air 2014

2014-09-10
Stadt / City Wacken 
Land / Country Germany 
Web www.wacken.com
 
Veranstaltungsort:
Location
 
Datum / Date30. July - 02. August 2014 

Wacken. Für einige ist es ein Haufen von Leuten, die eine Woche lang auf einem Feld stehen. Für andere ist es ein heiliges Land des Heavy Metal und eine vorübergehende Flucht aus der Eintönigkeit des Alltags. Und für die meisten hier ist es eine Lebensart. Die Hingabe für diese Versammlung ist nicht weniger als legendär: von den Schlachtrufen, die über die Campingplätze weitergetragen werden, über die eindrucksvollen Wohn- Arrangements, die die Leute sich aufbauen (ausgedehnte Zeltsiedlungen und Sofas sind hier nichts Ungewöhnliches), bis hin zu einer nicht unerheblichen Zahl an Wacken - Tattoos, diese Leute meinen es ernst mit ihrer Woche in der Sonne. Und was für eine Sonne: nach den Schlammbädern von 2012 ist dies (schon) das zweite Jahr, in dem die Temperaturen brutale Höchststände erreicht haben, jedenfalls für Metalhead -Maßstäbe.


Foto: Katharina Kernbichler


Dies schreckt einige Leute aber nicht ab; wie auch in jedem vorangegangenen Jahr gibt es Leute, die sich für den Anlass in Schale geschmissen haben, wenn auch weniger als im letzten Jahr. Von in Pelz gekleideten Jägern zu den allgegenwärtigen Pikachu- Overalls, und natürlich einem großen Aufgebot an mittelalterlichem Volk im Wackinger Village, tragen sie ein bisschen Farbe zu dem Meer schwarzer T-Shirts bei, die von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang herumlaufen. Hier gibt es viel zu entdecken, denn Wacken ist alles andere als ein kleines Festival: mit einer Gesamterstreckung von 2,2 Quadratkilometern, um die 75.000 Teilnehmer aufzunehmen, wird es nur in entscheidenden Momenten wie den Auftritten von Headlinern oder bei der Massenabwanderung danach etwas eng.


Mittwoch, 30. Juli 2014


In einer Zeltsauna aufzuwachen ist nicht gerade die angenehmste Art, ein Festival zu begrüßen, aber daran gewöhnt man sich schon. Nach den üblichen Morgenritualen ziehen wir los, um herauszufinden, welche Überraschungen uns bevorstehen. Die meisten der heute gebotenen Bands spielen in der Metal Battle – Abteilung, sie sind die Gewinner des Wettbewerbs in ihrem jeweiligen Land und daher einige der Besten, die ihr Land zu bieten hat.

Crescent - Headbangers Stage
Ein besonderes Highlight dieses Tages ist Crescent, eine Black Death Metal Band aus Kairo, Ägypten. Die Band hat eine große Affinität zur ereignisreichen Geschichte ihres Landes, so dass Vergleiche mit Nile nicht ganz unbegründet sind, aber sie bieten mehr als nur einfache Bewunderung der letztgenannten Band. Zunächst einmal ist schnelles technisches Herunterspielen nicht das primäre Schlagwort für diese Jungs; stattdessen sind die Riffs melodisch und auf den Punkt, das Schlagzeug unerbittlich aber nicht übermächtig, und der gutturale Gesang fungiert als zusätzliche Percussion.
Jeder der vier Songs, die sie herauspowern, hat einen durchschlagend positiven Effekt auf das Publikum; Trinkhörner und Bierbecher werden anerkennend hochgehalten. Sänger Ismaeel Attallah ist recht ruhig, freut sich aber über die Resonanz seines Publikums. Vielleicht ist er auch deshalb wortkarg, da die Band nur 20 Minuten Zeit für ihren Auftritt hat. Abschließend mit dem achtminütigen „Pyramid Slaves“ haben Crescent einen sehr guten Eindruck beim Publikum hinterlassen, ein toller Start in den Tag. (MB)


Foto: Katharina Kernbichler


Saor Patrol – Wackinger Stage
Seit 2010 gibt es jedes Jahr die Wackinger Stage. Im Musikstil weit entfernt vom Rest des Festivals, wird auf dieser Bühne eine weitere große Liebe der Deutschen gefeiert: Folk und mittelalterlich angehauchte Musik. Es wäre ganz leicht, das gesamte Festival im Wackinger Village zu verbringen und trotzdem zu wissen, dass es das Geld wert war, ganz besonders was die Qualität der Bands auf dieser Bühne die vier Tage über angeht.
Eine der Bands, die einen sehr guten Eindruck hinterließen, waren Saor Patrol (gespr. „Shore Patrol“) aus Schottland. Dudelsack war zwar noch nie mein persönliches Lieblingsinstrument, aber im Rahmen dieser Band funktioniert es einfach. Saor Patrol haben ein etwas unorthodoxes Line-Up: einen Dudelsackspieler, einen Gitarristen, und drei (ja, drei) Schlagzeuger. Mit diesen fünf Herren liefern sie ein Set wundervollen „Dudelsack-Rocks“ ab, welches eine erhebliche Anzahl des Publikums in einer sehr unmetalmäßigen Weise zum Tanzen bringt. Dieser Anblick ist wirklich außergewöhnlich, ein Meer von Leuten klatscht und tanzt zu den ansteckenden Songs.
Der Dudelsackspieler mit seinem prächtigen Bart und seinen Anekdoten zwischen den Songs ist ein großartiger Frontmann. Nichtsdestoweniger haben alle Bandmitglieder durchweg ihren eigenen Spaß. Vor allem der Gitarrist genießt es, mit Sonnenbrille zu rocken, und einer der Drummer agiert gleichzeitig als Publikumsanheizer, wenn die Menge einen kleinen Schubs braucht, indem er wild klatschend auf der Bühne herumhüpft. Es ist unmöglich, Ihnen ohne ein breites Grinsen im Gesicht zuzuschauen oder sich nicht einer Polonaise anzuschließen, wenn man dazu neigt; und als das finale „Three Wee Jigs“ ertönt, ist die Atmosphäre einfach phänomenal. Mit einem anerkennenden Getöse vom Publikum verbeugen Saor Patrol sich für heute ein letztes Mal. (MB)


Foto: Katharina Kernbichler


Blind Channel – W.E.T. Stage
Nun geht es wieder zurück ins Zelt zur W.E.T.-Stage und zur Headbangers Stage, wo an diesem Tag schon einmal einige Metal Battle - Gewinner Stimmung machen. Die Jungs - und das ist hier im wahrsten Sinne des Wortes gemeint - von Blind Channel haben den Battle in Finnland gewonnen und treten auf der W.E.T. - Stage auf. Die Band, die ihre Musikrichtung als “Violent Pop” betitelt, hat sich erst vor 9 Monaten gegründet und legt mit zwei Sängern temporeich los und sich richtig ins Zeug, um den halbvollen Platz vor der Bühne mit Leben zu füllen. Obwohl von gelegentlichen Rap-Einlagen etwas verwirrt, geht man nach dem 20-minütigen Auftritt dennoch mit dem Gefühl aus dem Zelt, dass die Jungs ihre Musik auf jeden Fall mit viel Power und Engagement rüberbringen. (KK)

Infanteria – Headbangers Stage
Weiter geht es mit den Metal Battle Gewinnern aus Südafrika, Infanteria. Die 2005 gegründete Band spielt Thrash Metal und hat schon im letzten Jahr den Metal Battle in Südafrika gewonnen. Im letzten Jahr erschien auch ihr Debütalbum „Isolated Existence“. Die fünfköpfige Combo aus Kapstadt schafft es, dass die Meute vor der Bühne schon einmal ausgiebig ihre Nackenmuskulatur für die kommenden Tage trainieren kann. (KK)


Donnerstag, 31. Juli 2014


Die Auftritte der Metal Battle Bands von gestern fortführend, bringt der heutige Tag noch mehr Underground – Freuden und ebenfalls ein paar Mainstage-Bands, um die Leute für draußen vorzubereiten.


Foto: Katharina Kernbichler


Revolution Within – W.E.T. Stage
Das muss man den portugiesischen Thrashern von Revolution Within lassen – sie wissen, wie man eine gute Show macht. Rui „Raca“ Alves schreitet die Bühne unaufhörlich ab und lässt seine politischen Hetzreden mit rauem Brüllen los, während die anderen Bandmitglieder etwas bewegungsloser sind, froh, einfach im Takt zu den groovenden Riffs zu headbangen. Wenn man die Geschichte des Thrash in Deutschland bedenkt, macht es Sinn, nicht mit diesem althergebrachten Thrash - Ritual zu brechen. Durch das Einflechten von Elementen von Dew-Scented, Sepultura und Hatesphere in ihren Thrash/Groove Metal – Hybrid, sind die Songs wie erwartet: mächtige Riffs, beeindruckende technische Solos und ein misshandeltes Drum Kit. Die Menge hat das alles wahrscheinlich schon einmal gehört, aber das hält sie nicht davon ab, einen Pit zu bilden oder ihre Haare, zu Titeln wie „Silence“ oder „Pure Hate“, herumzuschleudern. Revolution Within verstehen etwas von ihrem Geschäft, und diejenigen, die Thrash Metal mögen, hatten ihre helle Freude an ihrem kurzen Set. (MB)

[In Mute]- W.E.T. Stage
Nachdem sie vorher bereits in Erscheinung getreten waren, als sie unter den Wacken-Teilnehmern ihre Flyer austeilten, hatte sich eine beachtliche Menge wartend vor der Bühne versammelt, als [In Mute] dieselbe betraten. Die Spanier machten gleich von Anfang an richtig Lärm und ihr Gothenburg-beeinflusster MeloDeath brachte fast den Raum zum Wackeln. Das Quintett hält Ordnung in seiner Bühnenpräsenz: abgesehen von dem Drummer sind alle in ständiger Bewegung, entweder indem sie sich über die Bühne bewegen oder heftig headbangen. Sie sind eindeutig mit At The Gates - und Soilwork - Platten aufgewachsen, obwohl ihnen auch der Groove von Textures und The Haunted nicht fremd sind, und diese Einflüsse verbinden sich in ihrer Musik.
Die Hauptaufmerksamkeit liegt jedoch auf Estefania „Steffi“ Garcia mit ihrem bedrohlichen Blick, der ein bisschen an Angela Gossow erinnert, obwohl ihr Schreien viel urtümlicher ist. In ihrem gepanzerten Korsett scheint es ihr großen Spaß zu machen, sich ihre Lungen herauszugrölen und ihr langes knallrotes Haar in gleicher Weise herumzupeitschen. Ihr Set geht vorbei wie im Flug, wie bei den meisten der Metal Battle Bands, aber [In Mute] gelingt es definitiv, Eindruck beim Publikum zu hinterlassen, sowohl musikalisch als auch visuell. Daumen hoch! (MB)


Foto: Katharina Kernbichler


Fiddler´s Green – Wackinger Stage
Wer am Donnerstagnachmittag zur Wackinger Stage gepilgert war, und für zwischendurch „zur Entspannung ein bisschen“ Irish Folk erwartete, der hatte ganz offensichtlich noch nie etwas von Fiddler´s Green gehört. Denn nicht nur sind Fiddler´s Green ganz und gar nicht nur etwas „für zwischendurch“, sondern auch alles andere als lahme Entspannung. Hier geht´s zwar statt in den Nacken in die Beine, was aber bei dem Tempo, das die sechs Jungs aus Erlangen auf der Bühne mit ihrem „Speed Folk“ an den Tag legen, nicht weniger sportlich ist als Headbangen. Das beweisen sie unter anderem mit „Folk´s not Dead“. Die gute Stimmung überträgt sich direkt vom ersten Song an auf das gesamte Publikum (nicht nur, wie so oft, auf die ersten Reihen) und hält bis zum Ausklingen des letzten Tons am Ende des Auftritts ungebrochen an. (KK)

Hammerfall – Black Stage
Die Powermetaller aus Schweden feiern nach kurzer Pause ihre Reunion und kündigten bereits im Vorfeld an, zur Feier derselben in Wacken dieses Jahr ihr komplettes Debütalbum „Glory to the Brave“ von 1997 zu spielen. Was sie auch zur Freude ihrer vor der Black Stage versammelten Fans wahr machen. Zusätzlich flechten sie noch ein paar neue Songs vom Album „(r)Evolution“ ein, das Ende August erscheint; zum Beispiel „Bushido“, der sich mit der Philosophie der Samurai-Krieger beschäftigt. So ist der Auftritt besonders für die langjährigen und größtenteils mitsingenden Fans ein rundum gelungenes Hammerfall-Festival, und spätestens als u.a. mit Jesper Strömblad einige frühere Mitglieder auf die Bühne geholt werden, gibt es auch für die Fans in den hinteren Reihen kein Halten mehr. (KK)


Foto: ICS Festival Service GmbH


Steel Panther – True Metal Stage
Was Parodien anbelangt, so beherrschen Steel Panther ihr Handwerk perfekt. Es gibt nur wenige Bands, die tun können, was sie tun, und sagen können, was sie sagen, ohne zumindest eine Menge Fans einzubüßen. Auf wundersame Weise wird diese Band immer bekannter (und berüchtigter) – und das fast ausschließlich durch ihre kontroversen Alben und Bühnenshows. Auch auf dem Wacken grölt ihr Publikum, egal ob Männlein oder Weiblein, die gleichermaßen vertreten sind, laut mit. Um noch einen draufzusetzen, hat die Band einen Spiegel und Schminksachen auf die Bühne gelegt, um zwischen den Songs das Make-up aufzufrischen.
Eins muss man Steel Panther lassen: sie sind sehr talentierte Musiker. Solch ein 80er Jahre verankertes Genre wie Glam Metal wiederzubeleben und es frisch klingen zu lassen, erfordert großes Können: die Songs sind musikalisch sehr eingängig und gut gespielt, Satchel ist ein sehr erfahrener Gitarrist und Michael Starr hat eine großartige Bandbreite an Gesang in petto, um den Songs Leben einzuhauchen. Nichtsdestotrotz setzt die Band auf ihre Gag-beladenen Sound und bringt ihn zu seinem logischen Extrem: Frauenfeindlichkeit, Obszönität und das Degradieren von Frauen zu sexuellen Objekten. Trotzdem kommen die Leute in Scharen, um bei Songs wie „Pussywhipped“, „Asian Hooker“ und „Gold Digging Whore“ mitzusingen.


Foto: ICS Festival Service GmbH


Wir kommen irgendwann beim kontroversesten und ehrlich gesagt unangenehmsten Teil des Sets dazu: Michael Starr fordert gerade Frauen auf, sich auf die Schultern der anderen Leute zu setzen und ihre Brüste für die Kamera zu entblößen. Nachdem sie schon beim Download Festival, UK, durch so eine Aktion ihren Ruf weg haben, ist es überraschend, dass sie hier dasselbe durchziehen, aber noch überraschender ist es, dass es gut ankommt. Starrs Kommentar, dass ein Mädchen Brüste hat, die „aussehen wie die eines 14-jährigen Jungen“ ist eindeutig geschmacklos, aber an dieser Stelle wirkt das Publikum schon so desensibilisiert, dass es überhaupt nicht mehr geschockt ist.
Der Rest des Sets läuft wie erwartet: die Pseudo-Ballade „Community Property“ wird von einem begeisterten Fan-Chor begleitet und das barmherzigerweise harmlose „Death To All But Metal“ ist eine leichte Erholung von der Verdorbenheit. Abschließend mit so umwerfenden Titeln wie „It Won´t Suck Itself“ and „Party All Day (Fuck All Night)“ sind Steel Panther dann vollkommen ehrfurchtslos und vollkommen glücklich, sich in ihrer Parodie suhlen zu können. Man wird sich am besten wohl oder übel damit abfinden müssen, denn sie werden sich für lange Zeit weder ändern noch damit aufhören. (MB)

Saxon – Black Stage
Saxon, die im Herbst dieses Jahres zu ihrem 35-Jährigen auf Jubiläumstour gehen, starten am Donnerstagabend mit „Motorcycle Man“ von der Black Stage aus den Angriff auf die Nackenmuskulatur der Fans und lassen wie Perlen an einer Schnur aneinandergereiht einen Klassiker auf den nächsten folgen. Unter anderem „Solid Ball of Rock“ oder „747“, um nur einige zu nennen. Als sei das noch nicht ausreichend, um die Menge vor der Bühne zu begeistern, lassen sie sich, den Bühnenhintergrund bei Einbruch der Dunkelheit in ein kathedrales Innenleben verwandelt, am Ende von Streichern begleiten. Wer da noch keine Gänsehaut hat, der bekommt sie spätestens, als alle Bandmitglieder sich am Ende des Auftritts zu Sänger Biff an den Rand der Bühne gesellen und sich gemeinsam vor den Fans verbeugen, was Ihnen die Fans mit Applaus und Jubel danken. (KK)


Foto: ICS Festival Service GmbH



Freitag, 01. August 2014


Chthonic – Black Stage
Obwohl Chthonic am Freitag schon um 11 Uhr morgens spielen, finden sich genügend Menschen vor der Black Stage ein, um die Band aus Taiwan um Frontmann und Menschenrechtler Freddy zu sehen und zu hören. Und sie werden königlich dafür belohnt. Nicht nur schaffen es die Musiker, den noch halb verschlafenen Leuten mit ihrem exotisch angehauchten Extreme Metal schlagartig die restliche Müdigkeit auszutreiben und sie in headbangige Stimmung zu versetzen, sondern darüber hinaus können sie mit einigen sie begleitenden klassischen Musikern mit alten Instrumenten aus ihrer Heimat punkten. Diese sind zwar relativ leise zu hören, bringen aber den letzten musikalischen Kick zum Beispiel für „Next Republic“ oder „Broken Jade“ und damit die Fans so in Bewegung, dass es überhaupt nicht mehr auffällt, dass nicht so viele Menschen vor der Bühne stehen, wie es die Extrem-Metaller verdient hätten. Etwas Besseres hätte man sich zum Aufwachen nicht wünschen können. So kann der Tag sehr gerne weitergehen. (KK)

Skid Row – True Metal Stage
Und nun kommt eine Begegnung mit der Vergangenheit: die 80er-Glam-Metaller Skid Row. Vor 28 Jahren stand die Band, mit ihren rockigen Songs, das erste Mal auf New Jerseys Bühnen. Trotz mehrerer Line-Up-Änderungen ist die Band im Kern die gleiche geblieben. Als „Blitzkrieg Bop“ von den Ramones aus der PA schallt, nimmt die Skid Row die Bühne ein und starten zu den letzten zwei Worten des Songs ihren eigenen „Let´s Go“. „Big Guns“ folgt auf dem Fuße. Sänger Johnny Solinger defiliert stolz auf der Bühne umher und erfreut, zwischen Singen und Heavy-Metal-Schreien, mit einer Stimme, die noch so satt wie früher ist.


Foto: ICS Festival Service GmbH


Der Rest der Band ist mit genauso viel Begeisterung dabei; zwar nicht ganz so energiegeladen wie Solinger, rocken sie dennoch genauso. Die Setlist ist, nicht unüblich für ein Festival, sehr stark auf ihr gleichnamiges Debütalbum konzentriert, mit Heavy Metal Klassikern wie „I Remember You“, „18 And Life“, und natürlich dem Song, mit dem sie den Auftritt beenden, „Youth Gone Wild“, der eine dröhnende Resonanz vom Publikum erfährt. An einer anderen Stelle im Set taucht eine herzliche Widmung an Johnny Ramone in Form eines Covers des Songs „Psycho Therapy“ auf, bei dem die punk-lastige Stimme von Bassist Rachel Bolan vorübergehend die von Solinger ersetzt.
Als die letzten krachenden Akkorde des Sets in der Menge nachklingen, bedanken sich Skid Row noch ein letztes Mal bei einem sehr wohlgesonnenen Wacken-Publikum. Oldschool Heavy Metal zieht immer in Deutschland, und diese Band ist keine Ausnahme: diese „youth“ ist vielleicht älter geworden, aber sie weiß immer noch, „how to go wild“. (MB)

Neopera – Headbangers Stage
Weil sie das Prunkvolle der Oper und den schweren Groove des Metal verbinden, haben Neopera die Herausforderung zu meistern, ihren Symphonic Metal Sound auf der Festivalbühne sein ganzes Potential entfalten zu lassen. Glücklicherweise ist der Mischer ihnen wohlgesonnen. Die Riffs ergänzen die orchestralen Klänge und erinnern an Epica in ihren früheren Tagen. Die Musiker spielen ihren Part geschmackvoll und zurückhaltend, ohne das Bedürfnis angeben zu wollen, außer einem gelegentlichen Haareschleudern oder Solo, und überlassen die Aufmerksamkeit den Sängern.
Gemäß der Opern-Tradition haben wir hier drei „Haupt-Figuren“ auf der Bühne. Nina Jiers in einem auffallenden sonnenuntergangsfarbenen Korsett ist der Sopran, mit einer hochfliegenden Stimme, um die beiden Männer zu auszugleichen: Thorsten Schuck ist der Bariton und Mirko Gluschke sorgt für die raubtierartigen Growls. Sie alle verflechten sich wunderbar zu einer geschlossenen Gesangsgruppe, sich in einer Weise überdeckend und wieder voneinander abhebend, die sehr viel Übung erkennen lässt. Gluschke ist der aktivste der drei, der in seinem Tanktop auf der Bühne umherstreift und damit einen scharfen Kontrast zu Thorstens eher würdevoller Pose bildet.
Ihr Set fließt beständig dahin, mit „Marvel Of Chimera“ als überzeugendem Highlight für Jiers, obwohl auch Gluschkes Gesang und Jörn Schuberts Tapping bei dem ebenso großartigen „Equilibria“ herausragend sind. Für eine neugebildete Band haben Neopera ein unglaubliches Set abgeliefert, das unter den Perfomances auf diesem Festival an hoher Stelle rangiert. (MB)

Heaven Shall Burn – True Metal Stage
Für ihre spektakulären Live-Performances fast genauso berühmt wie für ihren toxischen Melodeath/Metalcore, sind Heaven Shall Burn Stammgäste in Wacken, mit nicht weniger als 5 WOA- Auftritten bisher. Das verringert ihr Feuer aber in keinster Weise: die Band kommt raus und ballert los zu „Counterweight“, und stiftet die Menge unmittelbar zu einem Moshpit an.
Umgeben von einem Setting, das von Schützengräben in einer Stadt inspiriert wurde, liefern die Musiker hämmernde Riffs und Gothenburg-angehauchte Melodien. Christian Bass´ Schlagzeug ist genauso unerbittlich wie auf dem Album, gelegentlich übermächtig gegenüber den Gitarren, aber immer schnell korrigiert. Die Setlist ist ziemlich klassikerlastig, wie man es auf einem Festival auch erwartet: „Combat“, „Endzeit“ und „Trespassing The Shores Of Your World“ werden alle hervorgeholt, genauso wie einige Tracks ihres neuesten Albums „Veto“. „Land Of The Upright Ones“ verursacht einen erstklassigen Circle-Pit und ein lautes Mitgrölen der Menge („This life, this future! We build a new foundation!“), während „Endzeit“ – wie vorherzusehen war – eine riesige Wall of Death hervorruft.


Foto: Kevin Eisenlord – Pandemic Photography


Marcus Bischoff ist ganz Frontmann, mit intensivem Blick und Stimme. Er geht vollkommen in der Musik und der Botschaft der Texte auf. Das wird besonders klar bei „Hunters Will Be Hunted“ mit seiner Tierschutz-Aussage. Er gibt alles beim Schreien, was sich dadurch bemerkbar macht, dass sein Gesicht schnell die feuerrote Farbe seines Shirts annimmt. Außerdem weiß er genau mit der Menge umzugehen; all die Gesten mit der Hand, die gegrölten Anweisungen und Fragen, die bei anderen Bands klischeehaft wären, passen hier perfekt her.
Die Band hat natürlich noch einige Überraschungen im Gepäck, die erste führt zurück in ihrem Songkatalog zu einer Interpretation von „The Martyr´s Blood“ von ihrem zweiten Album, ganz zum Vergnügen der Oldschool-Fans. Direkt danach erscheint als Gast Dan Swanö (Edge Of Sanity u.a.) auf der Bühne, um beim besonders beliebten „Black Tears“-Cover mitzuspielen, was die Menge zum Brodeln bringt. Schließlich, mit der wohl ungewöhnlichsten Wahl eines Abschluss-Songs, wird Blind Guardian´s „Valhalla“ noch einer Heaven Shall Burn – Behandlung unterzogen, offensichtlich verändert wegen des Fehlens von Hansi Kürsch, aber dennoch ein sehr unterhaltsames Singalong, das am späten Nachmittag ein sehr beeindruckendes Set abrundet. (MB)

Apocalyptica – True Metal Stage
Metal hat eine althergebrachte Tradition, sich Inspiration und Einflüsse bei klassischer Musik zu holen: angefangen bei Yngwie Malmsteen, der Symphonien auf der Gitarre spielt, bis zu Metallica, die ein ganzes Orchester für ein Live-Album engagieren, und verschiedene Bands, die sich dort Motive für ihre eigenen Songs entlehnen. Was das Cello selbst angeht, so wurde es in den frühen 70ern in Rock und Metal eingeführt. Davon abgesehen kann man Apocalyptica als eine der ersten wirklichen „Cello Metal Bands“ ansehen, und damit alleine haben sie schon eine riesige Menge an Befürwortern erlangt. Auch hilft es, dass sie unglaublich schöne Musik machen, und für dieses Set sollte es noch schöner werden: sie werden begleitet von dem Avanti! Kammerorchester, das ein fünfminütiges Intro spielt, bevor der Hauptauftritt startet.


Foto: Kevin Eisenlord – Pandemic Photography


Ohne Tipe Johnsons Gesang wird es zu einem kino-ähnlichen Erlebnis, allerdings eher mit singenden und klatschenden Metalheads als mit einem Film, der gespielt wird. Der erste Song „Chokka“ haut rein mit seiner nachdenklichen Atmosphäre und den Haar-Windmühlen von Eicca Topping, und ab da geht es erst los. Natürlich wäre es kein Apocalyptica – Auftritt, wenn sie nicht ihre metallischen Wurzeln würdigen würden, daher tauchen Metallica- und Sepultura- Cover mit dem rauen „Fight Fire With Fire“, der Superhit- Ballade „Nothing Else Matters“ und „Inquisition Symphony“ von der letztgenannten Band auf.
Auch wenn sie ein paar rockende Elemente beibehält (die Solos in „Fight Fire With Fire“ zeigen das auf spektakuläre Weise), ist diese Musik so viel mehr als das. Das Orchester bringt noch etwas ganz Spezielles mit hinein: in jedem Stück treten zusätzliche Dynamiken und Nuancen zutage, sogar für die Leute, die die Songs in- und auswendig können. Das selten gespielte „Rage Of Poseidon“ ist eine vollendete Klanglandschaft mit klagenden Cellos und anschwellenden Bläsern, und ein paar Leute in der Menge werfen hin und wieder ihre Trinkhörner in die Luft. Zugegebenermaßen ist es ein bisschen surreal für diese Umgebung, aber dennoch wunderbar.


Foto: Kevin Eisenlord – Pandemic Photography


Nachdem die Band mit dem bereits genannten Sepultura-Cover abgeschlossen hat, fehlen noch zwei Songs: „Nothing Else Matters“ endet mit einer mitwinkenden und mitsingenden Menge, und nach übermütiger Unruhe auf der Bühne gelingt mit Griegs „Hall Of The Mountain King“ ein spektakulärer Ausklang für diesen Auftritt. Apocalyptica waren ohne Zweifel für viele auf diesem Festival ein Highlight, und es gelang ihnen, ohne Gitarren mehr „Metal“ zu sein als viele der anderen Bands. Cello on, fellas. (MB)

Carcass – Party Stage
Chirurgische Präzision wird geliefert, wenn Carcass die Bühne betreten. Die britischen Anhänger des Death Metal sind in besserer Form denn je, als sie sich durch die Grooves ihres Openers „Buried Dreams“ spielen. Jeff Walkers Growls hören sich genauso grandios kratzend wie immer an, Bill Steer hat sein Gitarrenspiel über die Jahre nicht verlernt, und jeder Song entfaltet sich prächtig. Die (relativ) neuen Gesichter in der Band fügen sich perfekt ein: Dan Wilding hat sich schon um ein Mehrfaches als erstklassiger Drummer bewiesen und Ben Ash ist erfahren im Herausspielen von Solos and Riffs in Hülle und Fülle, und das trotz der 20 Jahre, die er jünger als die beiden Gründungsmitglieder ist.
Ihre Setlist ist eine festivalgeschliffene Maschine mit alten und neuen gleich gut geölten Teilen. „Incarnated Solvent Abuse“ und „Exhume To Consume“ repräsentieren die alte Garde, die die Songs hoffnungsvoll in einen Mosh-Wahnsinn wirft und einen Windmühlen-Effekt bei den Haaren der anderen bewirkt. Das fantastische Reunion-Album „Surgical Steel“ gibt auch einen Einblick mit dem überaus einprägsamen „The Granulating Dark Satanic Mills“, „Unfit For Human Consumption“ und „Captive Bolt Pistol“ als drei ausgewählte Stücke von der Servierplatte.
Es wäre keine Carcass-Show ohne Jeff Walkers berühmten Sinn für Humor, und er hält sich auch hier nicht zurück: „Habt ihr Leute nichts Besseres zu tun? Motörhead spielen doch drüben auf dem anderen Platz...“ ruft er sarkastisch, denn die eben Genannten spielen zwei Bühnen weiter. „Ah, ich verstehe, ihr denkt, dies ist auch die letzte Chance, mich live spielen zu sehen!“ setzt er nach – was die Leute zusammenzucken lässt -, als das Intro von „Noncompliance to ASTM F899-12 Standard“ geschmeidig in „This Mortal Coil“ übergeht. Dies scheint eine Lieblingsbeschäftigung von Carcass zu sein: Medleys und Fake Starts: was als „A Congealed Clot Of Blood“ beginnt, verwandelt sich z.B. in „Cadaver Pouch Conveyor System“. Es ist ein Beweis für das gute Songwriting, dass keiner dieser Übergänge schief klingt, und doch behält jeder Song unverwechselbar (wenn auch ein bisschen verändert) sein eigenes Wesen.
Abschließend mit der destruktiven Version von „Heartwork“, was mit Intros oder Outros von drei anderen Songs erweitert wird, beenden Carcass mal wieder eine unglaubliche Performance in ihrem gerammelt vollen Festival-Spielplan (das 7. von 11 nach der letzten Zählung). Diese Band wird in Extreme Metal Kreisen nicht ohne Grund so sehr verehrt, und das haben sie mit diesem Auftritt in höchstem Maße bewiesen. (MB)


Foto: Katharina Kernbichler


Motörhead – Black Stage
Spätestens, als das legendäre „We are Motörhead. And we play Rock´n Roll“ bei Sonnenuntergang von der Black Stage ertönt, weiß auch der letzte Metalhead auf dem Platz, dass ihm nun Lemmy und seine Kollegen einheizen werden. Zur Freude nicht nur der Fans (wie man am nächsten Tag beim Sodom-Auftritt merkt, als Tom Angelripper seine Begeisterung und Erleichterung darüber in Worte fasst) spielt Lemmy das komplette Set durch und wirkt wieder fitter. Diese Erleichterung ist neben der Freude an der Musik bei allen zu spüren. Und so genießen alle die Show mit Lemmys Sprüchen und Songs wie unter anderem „Overkill“ oder „Killed by Death“ mit Doro. Selten ist wie in diesem Moment so stark zu spüren, dass sich alle Anwesenden bewusst sind, wie sehr man die schönen Momente im Leben genießen und schätzen sollte. (KK)

Hell – W.E.T. Stage
Zwischen den Auftritten der beiden Giganten Motörhead und Slayer ist am Freitag noch Zeit, um in kleinerem Rahmen auf der W.E.T. Stage ein „wiedererwecktes“ Urgestein des Heavy Metal zu hören: Hell. Die Band, die seit 2008 wieder zusammen und unter anderem mit neuem Sänger Musik macht, war und ist ja für ihre provokativen Auftritte bekannt. Daher ist der diesjährige Auftritt in Wacken ein Pflichttermin für den neugierigen Metalfan. Die Mischung aus Okkultismus und Heavy Metal ist sowohl etwas für das Ohr als auch für das Auge. Vor der mysteriös rot leuchtenden Kulisse und neben einigen pyrotechnischen Highlights tobt sich der jetzige Sänger David Bower richtig aus. Der Höhepunkt ist seine Selbstgeißelung inklusive den Rücken hinuntertropfenden Kunstbluts. Am beeindruckendsten ist allerdings, dass er zwischendurch immer wieder herunter zum Publikum herunter steigt und den Fans durch Händeschütteln oder Umarmungen Hallo sagt. All diese Puzzleteile machen den Hell-Auftritt zu einem gelungenen runden Gesamtbild, so dass sich der Weg zur W.E.T.-Stage wirklich gelohnt hat. (KK)


Foto: Kevin Eisenlord – Pandemic Photography


Slayer – True Metal Stage
Als sich am Freitagabend das gesamte Infield bis zum wirklich allerletzten Platz füllt, ist klar: jetzt kommen Slayer. Das Dunkel der Nacht wird durch die Lichtshow auf der True Metal Stage taghell erleuchtet und alles ist nur noch erfüllt von Thrash, wobei sie neben den allseits bekannten Klassikern zum Beispiel auch „Necrophiliac“ vom zweiten Album „Hell Awaits“ zum Besten geben. Ungefähr ab der Hälfte des Auftritts ändert sich das Bühnenbild und in Gedenken an den letztes Jahr verstorbenen Gitarristen und Mitbegründer der Band, Jeff Hanneman, erscheint sein Name als Bühnenhintergrund. Und mit Tom Arayas Worten, dies sei für und in Gedenken an Jeff Hanneman, spielen sie sein „Angel of Death“, wobei jeder headbangende Zuschauer einen dicken Kloß im Hals hat und nicht wenigen die Tränen in den Augen stehen. Mit diesem musikalisch und emotional mitreißenden Auftritt haben Slayer ihm in bester Weise die Ehre erwiesen und einmal wieder bewiesen, dass sie es einfach immer noch verdammt gut können. (KK)


Foto: ICS Festival Service GmbH


King Diamond – Black Stage
Als der Freitag sich dem Ende zuneigt, gibt es für die Wachgebliebenen noch einen außergewöhnlichen Künstler auf der Black Stage zu erleben. Und das Wort „erleben“ ist hier mit Bedacht gewählt, denn der Auftritt, der nun folgt, ist ein Gesamterlebnis und ein Gesamtkunstwerk. Am Anfang des Auftritts von King Diamond ist die Bühne komplett mit Eisenstangen eingezäunt, so dass die Band hinter Gittern spielt.


Foto: Kevin Eisenlord – Pandemic Photography


Die Atmosphäre, die dadurch geschaffen werden soll, wird noch verstärkt, als die Musik von einem skurrilen Theaterstück untermalt wird, in dem zombie- bzw. hexenartige Wesen verschiedene Rituale vornehmen und an dem sich auch Sänger Kim zwischendurch immer wieder beteiligt. Dabei bildet seine Falsett-Stimme einen interessanten Kontrast zum Metal. Besonders spannungserzeugend sind aber seine Wechsel zwischen hoher und tiefer Stimme in einigen Songs. Alles in allem legt er mit seiner Band gemäß seiner Intention, die Musik mit Show- und theatralischen Effekten zu verbinden, sowohl optisch als auch musikalisch einen sehr beeindruckenden Auftritt hin. (KK)


Foto: Kevin Eisenlord – Pandemic Photography



Samstag, 02. August 2014

Arch Enemy – Black Stage
Auf der Black Stage geben sich am Samstagmittag Arch Enemy mitsamt neuer Sängerin Alissa White-Gluz die Ehre. Die Fans, die trotz sengender Mittagssonne relativ zahlreich erschienen sind, tanzen in der Sonne zu einer Mischung aus alten Songs und Stücken vom neuen Album „War Eternal“. Die blauhaarige, als erfrischender Farbklecks die Bühne rockende Alissa kann ihrer Vorgängerin Angela Gossow auch stimmlich fast das Wasser reichen und erntet am Ende minutenlang Applaus von der Menge vor der Bühne. (KK)


Foto: Kevin Eisenlord – Pandemic Photography


Demonic Resurrection – W.E.T. Stage
Indiens berühmteste Extreme Metal Band ist nach Deutschland gekommen und bringt ihre Mischung aus Symphonic Death/Black Metal auf die W.E.T.-Stage. Nach einem sehr langen orchestralen Intro kommt die Band mit dem Titeltrack ihres neuesten Albums „The Demon King“ in Gang. Voller haarschleudernder Riffs und Solos, hämmernder Drums und Sahil Makhijas heiseren Growls ist das Stück ein fettes Eröffungs-Statement, unterstrichen vom Blechbläser-Dröhnen. Verfangen irgendwo zwischen Dimmu Borgir und Behemoth schmeißt die sich daraus ergebende Mischung die erste Reihe in eine headbangende Raserei, während die Menge weiter hinten bewegungslos, aber trotzdem beeindruckt stehen bleibt. Einige technische Probleme bringen die Band etwas vom Kurs ab, aber es ist immer noch genug Substanz übrig, um die Ohren wieder milde zu stimmen – „Trail Of Devastation“ hebt Makhijas eindringlich sauberen Gesang und Drummer Virenda Kaiths schnelle Fußarbeit hervor, während die Gitarrenmelodien mit dem orchestralen Keyboard verschmelzen. Die Band headbangt hervorragend im Takt, wenn der Song langsamer wird, während die Menge auf Makhijas Kommando ihre Fäuste in die Luft wirft. Als sie den Auftritt mit „The Unrelenting Surge Of Vengeance“ abschließen, schwelgen Demonic Resurrection in der herzlichen Resonanz der Menge und lassen ein Gefühl von Adrenalin auf der Bühne zurück. (MB)

Sodom – True Metal Stage
Der Samstagmittag beginnt auf der True Metal Stage emotional; denn Sänger Tom Angelripper verleiht seiner Erleichterung über den gestrigen Auftritt von Motörheads Lemmy Ausdruck, indem er sagt „Gott sei Dank geht es Lemmy besser“. Diese Erleichterung, die auch bei den Thrash Fans zu spüren ist, und die darauf folgende Mosh-Orgie in der Mittagssonne machen den Auftritt zu einem sehr gelungenen Start in den Samstag. Spätestens bei „In War and Pieces“ und „Outbreak of Evil“ gibt es sowieso kein Halten mehr, und auch bei jedem noch so verfeierten Festivalbesucher ist von Müdigkeit nichts, aber auch gar nichts mehr zu spüren. (KK)


Foto: ICS Festival Service GmbH


Devin Townsend – True Metal Stage
Es gibt nur einen schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn. Dieser Grat ist Devin Townsend. Von vielen seit Jahren als produktivster Metal- Musiker angesehen, macht ihn allein schon die schiere Vielfältigkeit seiner Discographie zu einem Gesetz eigener Art. Auch für seinen bizarren Sinn für Humor hat er bereits einen Ruf erlangt, der so spontan wie improvisiert ist, was er auf Alben, in Musikvideos und auf der Bühne beweist. Umherziehend mit seiner meist ebenfalls am Haarmangel leidenden Begleitband liefert er hier eine ausgewogene Vielfalt von Devin Townsend Project- und Solo-Material ab (obwohl für beide allein er zu schreiben scheint), angefangen mit dem groovenden „Seventh Wave“. Der musikalische Stil der Band ist schwierig einzuordnen, und zweifellos: ausgehend von der Progressive- und Extreme Metal- Ecke bis zu Industrial bei „Supercrush!“ oder ausladendem Post-Metal in „Deadhead“ ist dieser Mann ein wandelnder Vermischer von Einflüssen. Seine energiegeladenen und kraftstrotzenden Riffs sind die beste Ausrede für komische Gesichtsausdrücke, seien es die typischen „Metal- Kreisch- Gesichter“ oder irgendwas noch lustigeres.


Foto: Kevin Eisenlord – Pandemic Photography


Er wäre nicht Devin Townsend, wenn er während des Auftritts nicht auch ein paar Witze fallen lassen würde, die meisten sogar noch während der Songs. An einer Stelle etwa stellt er mit entsetztem Gesichtsausdruck fest, „Ich war bis 10 Uhr heute Morgen im Studio, das ist jetzt gerade fucking weeeeeird!“, bevor er wieder in eine hämmernde Metal- Section eintaucht, unterstützt vom beeindruckenden Ryan van Poedeooyen an den Drums. „By Your Command“ setzt ein weiteres Juwel frei: „Meine kanadischen Nippel sind hart vor Freude über eure echte Metal-Leidenschaft“. Er schafft es sogar, Überraschung in Humor zu verwandeln: offensichtlich hatte ihn niemand informiert, dass sein Set länger gespielt werden sollte, als er geplant hatte („Wir werden einen Song spielen, der unfassbar lang ist und wir werden die meisten von euch verlieren, also geht und holt euch ein Bier“), so wird es dem 11-Minuten-Monster „Planet Of The Apes“ ermöglicht, sich heranzupirschen. Dies hebt auch die bescheidene Art dieses Mannes hervor: er wirkt ehrlich überrascht über die Liebe der Leute zu ihm und seiner Musik, und dass tatsächlich tausende von Leuten ihm zusehen, mit ihren Armen nach seinem Kommando winken und ihren Support zeigen, sogar, wenn sie zu einer riesigen Gruppenumarmung aufgefordert werden.
Aber wir sind ja nicht nur für die Riffs und Witze hier, denn: der Gesang dieses Mannes ist etwas völlig anderes. Von der klaren Reinheit über pseudo-opernhaftes Singen bis zu schonungslos zerreißendem Schreien bei „Juular“, deckt er das komplette Spektrum ab ohne jegliches Anzeichen von Anstrengung. Bei den hohen Noten, die er in „Kingdom“ trifft, bleibt einem die Spucke weg, aber das restliche Set ist ähnlich unglaublich. Dave Youngs Background-Grunzer sind auch sehr beeindruckend, kehlig übergehend in Devins mittelhohe Rauheit.
Es läuft nicht alles ganz nach Plan, was aber umso besser fürs Publikum ist: die Band wollte mit dem eindrucksvoll donnernden „Grace“ den Auftritt abschließen und, ausklingend mit dem gewaltigen choralen Ende, unter Applaus die Bühne verlassen...merken aber, dass sie noch 15 Minuten haben. Auch wenn das die Magie ein bisschen zerstört, die ein so triumphales und lebensbejahendes Ende erzeugen würde, zeigt der letzte Track „Bad Devil“ noch einmal den wahren Devin: ein lebensfrohes und nerdiges Genie mit einem schrulligen Sinn für Humor...und wir lieben ihn dafür. (MB)

Emperor – Black Stage
Black Metal und Tageslicht waren kaum jemals gute Spielkameraden, und das kommt Emperor nicht gerade entgegen. Sie feiern das 20-jährige Jubiläum ihres Debütalbums damit, dass sie das volle Album spielen, nachdem der Typ, der sie vorgestellt hat, noch witzelte, es würde wohl eher „In The Sunshine Eclipse“ als „Nightside“ sein. Als der Donner des Intros krachend einschlägt, nimmt der Wind zu und es wird ein kleines bisschen kälter.


Foto: Kevin Eisenlord – Pandemic Photography


Vom Sonnenschein nicht abgeschreckt, drängt die Band mit voller Wucht nach vorne. Stichflammen schießen in die Höhe während des Openers „Into The Infinity Of Thoughts“, während die berühmten Tremolo-Riffs und eindringlichen Keyboard-Symphonien aus den Lautsprechern dröhnen. Vorne in der Mitte mit der Gitarre in der Hand entfesselt Ihsahn sein Markenzeichen-Kreischen, genauso, wie er es all die Jahre davor getan hat. Secthdamon ist parat, um mit seinem Gesang zu unterstützen, wie bei „The Burning Shadows Of Silence“, wo sich seine tieferen Growls gut einfügen, um mehr Gewichtigkeit zu erzeugen. Etwas an der Seite ist Einar Solberg (Leprous) völlig vertieft in die Musik und wirft seinen Kopf im Takt zum donnernden Rhythmus herum.
Der Rest des Albums wird in gleicher Art und Weise ausgelebt, hämmernd und doch anmutig bis zu den letzten Tönen von „I Am The Black Wizards“. Ihsahn ist kein Mann der großen Reden auf der Bühne, es gibt nur einige Worte des Dankes oder zum Aufstacheln der Meute zwischen den Songs. Zu diesem Zeitpunkt ist es merklich kühler – oder vielleicht sind es auch nur wir selbst – und das absolute Highlight des Auftritts rollt heran: „Inno A Satana“, mit seinem berühmten majestätisch klaren Gesang, Explosionen auf der Bühne und dem pathetischen Abschluss des Titels. Sie hätten leicht damit abschließen können, aber da warten immer noch einige Überraschungen.


Foto: Kevin Eisenlord – Pandemic Photography


Indem sie weiter in der Zeit zurückgehen, entscheiden Emperor sich, noch ein paar Kult-Klassiker aus ihren Demo-Tagen aufzureißen: „Ancient Queen“ und „Wrath Of The Tyrant“, um genauer zu sein, die sich genauso großartig anhören wie das Album, das sie gerade vollendet haben. Und als es eigentlich schon nicht mehr besser werden kann, beenden sie das Set mit einem fantastischen Cover von „A Fine Day To Die“ von Bathory, mit einer vorausgehenden Erklärung Ihsahns, dies sei eine Hommage daran, „wo damals für uns alles begann“. Emperor verbeugen sich ein letztes Mal zusammen, und die Menge kann mit gesättigter Black Metal - Begierde vom Platz gehen. (MB)

Amon Amarth – True Metal Stage
Der Samstagabend verspricht, ein Nackenbrecher zu werden, als sich die fünf Mannen von Amon Amarth auf die True Metal Stage begeben. Und zwar angefangen von einem beeindruckenden Bühnenbild mit zwei riesigen Drachenköpfen, auf die Sänger Johan Hegg zwischendurch hinaufsteigt, um von dort oben auf die vor Freude brodelnde und crowdsurfende Menge herunter zu singen, bis hin zu der Songauswahl, die das Herz eines jeden Fans höher schlagen lässt. Die ist gut gemischt mit unter anderem “Guardians of Asgaard”, “Victorious March”, “Twilight of the Thunder God” oder Songs vom neuen Album “Deceiver of the Gods” wie “As Loke Falls”. Und so konkurriert das Strahlen der langsam untergehenden Sonne mit dem auf den vielen Gesichtern vor der Bühne. (KK)


Foto: Kevin Eisenlord – Pandemic Photography


Megadeth – Black Stage
Nach diesem bis jetzt sehr gelungenen Samstag tut es einem – egal ob Fan oder nicht - für Megadeth richtig leid, als ihr erster Auftritt in Wacken zunächst einmal mit technischen Problemen beginnt. Nach einer gefühlten Ewigkeit kann ein in jeder Hinsicht nun etwas missgestimmter Dave Mustaine mit seinen Kollegen endlich loslegen. Sie greifen mit vollen Händen in ihre Klassiker-Trickkiste und bringen die Menge vor der Bühne mit Tracks wie „Symphony Of Destruction“, „Hangar 18“ und natürlich „Peace Sells“ in Bewegung. Seitenhiebe gegen Metallica bleiben dabei erfrischender Weise diesmal aus, und für ihre Fans ist es sicherlich schön, Megadeth endlich einmal live in Wacken zu sehen. (KK)


Foto: ICS Festival Service GmbH


Dordeduh – Wackinger Stage
„Also...ich nehme mal an, ihr mögt dann wohl Megadeth nicht?“ Ein Jubel geht durch die Menge, als Dordeduhs Sänger Hupogrammos dieses witzelt, nachdem die Band gerade einen überwältigenden Track gespielt hat. Und er hat Recht, dafür ist rumänischer athmosphärischer Black Metal stilistisch etwas zu weit von dem entfernt, was da von der Hauptbühne herüberweht. Was hier angeboten wird, ist allerdings überragend.
Die Band nimmt die Wackinger Stage unter großem Jubel des Publikums ein und macht sich daran, die intensive und einnehmende Atmosphäre ihres Debütalbums herzustellen. Sie drücken nur einige Songs heraus - wegen deren Länge -, aber jeder einzelne von ihnen ist eine spirituelle Reise, unterstützt von unkonventionellen Instrumenten, wie etwa dem Hackbrett, Toaca, und einem enorm riesigen Horn, Tulnic genannt. Der stammesähnliche Charakter der Percussion-Instrumente, der Gesang, und sogar die Tuniken, die sie auf der Bühne tragen: das Erlebnis ist verzaubernd, und es ist unmöglich, sich nicht davon mitreißen zu lassen. Die Black Metal- Seite ist auch überwältigend: ein urtümliches Brüllen oberhalb archetypischer Tremolo-Riffs, oder langsame und schwerfällige Riffs, mit einem Heranrasen krachender Drums im Hintergrund.
Als sich ihr Set langsam dem Ende entgegen neigt, haben Dordeduh die Menge um ihren kleinen Finger gewickelt. Jeder scheint von der Musik entweder gelähmt oder taumelnd in einen eigenen Tanz vertieft zu sein. Das ist ein Zeichen für ein erstklassiges Konzert, und Dordeduh ist ohne Zweifel ganz da oben an diesem langen Wochenende. Einfach überwältigend. (MB)

Kreator – Black Stage
Dass die Jungs von Kreator das, was sie da machen, schon seit 30 Jahren tun, beweisen sie am späten Samstagabend auf der Black Stage. Da kommen nicht nur die Thrash Metal Fans auf ihre Kosten. Nicht nur das bedrohlich und schaurig rot leuchtende Bühnenbild kann beeindrucken, sondern auch die Energie, mit der Mille und Co von der ersten bis zur letzten Sekunde des Auftritts spielen. Diese springt sofort auf die Menge vor der Bühne über. Neben Klassikern wie „Pleasure to Kill“ oder „Flag of Hate“ gibt es zum Beispiel mit „Civilization Collapse“ und „Phantom Antichrist“ auch etwas von ihrem neuesten und sehr gefeierten Album auf die Ohren und die Nackenmuskulatur, was auch bei Fans des klassischen Heavy Metal das Herz aufgehen lässt. Ein sehr gelungener Abschluss für alle, die jetzt zum letzten Mal für dieses Jahr zum Feiern auf den Zeltplatz zurückgehen. (KK)


Foto: ICS Festival Service GmbH


Fazit: Es war ein langer und anstrengender Ritt durch Wacken. Mit der gesamten Bandbreite, die das Wetter zu bieten hat, von knallender Hitze bis zu strömendem Regen und allem dazwischen; umherwirbelnde Staubwolken haben sich an den Füßen und Klamotten der Leute gesammelt, und das Wort „Shower/Dusche“ ist auf einem großen Teil der Campingplätze schon in Vergessenheit geraten. Dessen ungeachtet wiegt die Auswahl an unglaublich guter Musik die hygienischen Bedingungen mehr als auf: die schiere Vielfältigkeit des Line-Ups macht es ganz einfach, sich fünf Leute herauszusuchen und fünf sehr verschiedene Meinungen darüber zu hören, welche die besten Bands an diesen vier Tagen waren. Es ist nur angemessen zu sagen, dass Wacken nach 25 Jahren wirklich überzeugend solide läuft. Nun winkt uns der lange Weg nach Hause, aber wir sind sicher, euch nächstes Jahr wieder hier zu sehen. Viva Metal, Viva Wacken.


Foto: Katharina Kernbichler



Katharina Kernbichler (KK) | Mark Angel Brandt (MB)


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