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Kimmo Pohjonen: Ausbrechen und in die Musik eintauchen

Ein fürchterlicher Fehler! Es wurde hier mal behauptet, dass Akkordeon nicht rockt, nun musste STALKER erkennen, dass dem doch nicht so ist. Sogar dieses Instrument rockt – zumindest wenn Kimmo Pohjonen damit hantiert. Wer nicht bereits durch den Soundtrack zum finnischen Film “Jadesoturi” (“Jade Warrior”) weiss, von wem hier die Rede ist, sollte sich diesen Clip hier ansehen. Der finnische Musikpionier zeigte sich ziemlich gesprächig und verriet STALKER, warum es so total nervte, an der Erweiterung des “uncoolsten Instruments von allen” herumzubasteln, warum Musik nichts mit Sport zu tun hat, und was ein Kleid, das aussieht wie eine Vagina, so attraktiv macht...


Photo: Tuomo Manninen

Also wie geht´s, und wie steht es mit deinem neuesten Projekt?
Wir nehmen gerade ein Album mit KTU auf, das sind Pat Mastelotto (rhythm devices, samples), Trey Gunn (warr quitar), Samuli Kosminen (samples) und ich. Wir nahmen zwei Sessions in Austin, Texas, auf, ich werde im Februar wieder rüberfliegen und das Album fertigstellen, unser erstes Studioalbum. Wir haben vor ein paar Jahren ein Live-Album gemacht, aber das ist das erste Mal im Studio, und so bin ich natürlich ziemlich gut drauf (lacht).

Ich habe festgestellt, dass du nicht so viele Shows spielst - ist das generell so, dass du nicht oft live auftrittst?
Das liegt daran, dass Pat in Austin lebt und Trey in Seattle, wir hatten eine US Tour und ich flog rüber, einmal kamen sie nach Finnland für eine kleine Tour und einige weitere Gigs in Europa. Ich glaube, wir spielen 8-10 Gigs im Jahr, wenn wir was zum Auftreten finden... und mit meinen verschiedenen Projekten habe ich 40-50 Shows im Jahr.

Und warum spielst du nicht öfter in Finnland?
Yeah, ich schätze, das liegt an meinem Manager, der auch aus Texas stammt, er lebt hier in Finnland, also vielleicht kommt er hier in Finnland nicht so gut zurecht (lacht). Es hat Gespräche gegeben, dass ich hier öfter spielen sollte, aber irgendwie sind 95 % meiner Gigs ausserhalb von Finnland. Ich würde gerne mehr hier machen, beispielsweise bei Rockfestivals spielen. Ich trat mal solo beim Ilosaari Rock auf, tagsüber, viele Leute waren da und hatten Spass, es gefiel ihnen. Aber irgendwie sind viele Rockfestivals zu engstirnig, um zu erkennen, dass sie was anderes haben könnten. Ich spiele ziemlich oft bei Jazz Festivals, obwohl diese Musik nichts mit Jazz zu tun hat, absolut nichts. Die sind da nur vielleicht etwas offener. Einige Male hab ich bei Rockfestivals gespielt, und oft in Rock-Klubs, und das funktionierte immer ganz gut, es gefiel mir.

Ich würde gerne öfter bei Rockfestivals spielen,
aber viele sind wohl etwas zu engstirnig


Wie würdest du deine Musik definieren? Meist wirst du ja in die World Music Ecke gerückt... (oder auch u.a. „Suomi Pop“, „New Age/Ambient“, Anm. d. Red.)
Jaaaa... (seufzt) gottlob muss ich keine Definiton abgeben. Das überlasse ich den Journalisten, dem Publikum, den Leuten. Ich habe bei Jazz-, World Music und Rockfestivals gespielt, und überall passte es, also sehe ich keinen Grund für mich selbst, eine Definition zu treffen, eine Schublade zu finden. Denn für mich ist es einfach Musik, aber Musik mit einer Menge Energie. Ich mag Musik mit Kraft und Energie, das ist das einzige, das ich dazu sagen kann.



Wenn ich mir deine Performances im TV oder im Internet ansehe, dein Stil hat eher etwas von einem Schamanen als von einem Musiker... und wenn du singst, sind das echte Texte oder geht das mehr in Richtung Joik (= traditioneller Sami-Gesang, Anm. d. Red.)?
OK, ich höre den Ausdruck “Schamane” sehr oft, und gut, vielleicht gibt es Gründe dafür. Für mich ist jedes Konzert ein Eintauchen in die Musik, ich mache nie kurze Stücke, wo ich Pausen einlege und zum Klatschen auffordere, ich fang einfach an zu spielen und höre auf zu spielen; wenn die Leute im Publikum mitziehen, tanzen oder klatschen, dann können sie es tun, müssen aber nicht. Für mich ist es eine Art Trip, auf den du dich begibst, eine Art... Eintauchen... in ein Bild... irgendwie ist es immer ein Trip, auf den du dich begibst, wenn du spielst. Und ich mache auch viel mit meiner Stimme, einige halten es für Joiking, andere für mongolischen Gesang, für mich ist es nichts dergleichen, es ist nur die Stimme und Sounds, die ich aus meinen Stimmbändern raushole (lacht)

Also ist es eher eine Art zusätzliches Instrument, nichts mit Texten...
Ja, keine Texte. Für mich es es auch... ich lasse gerne alles an Ausdrucksmitteln offen, für mich und für das Publikum. Ich könnte mir nicht vorstellen, Worte oder Texte zu singen.

Heisst das, dass jede Show völlig anders ist? Wie viel wird improvisiert?
Das hängt wirklich vom Projekt ab. Kluster mit dem Kronos Quartett beispielsweise war hauptsächlich für das Ensemble geschrieben, nur meine Teile blieben offen. Bei KTU haben wir Stücke und Strukturen, aber es gibt eine Menge Improvisation. Und mit dem französischen Percussionisten Eric Echampard, wir haben auch oft bei Rockfestivals gespielt, da wird nur improvisiert, zu 100 %, wir proben nichts. Und da ist das Eintauchen in Musik wirklich interessant, und wenn du dann auch Publikumsreaktionen hast – und Rock Publikum reagiert meistens – ist es lustig wie du mehr und mehr anfängst, mit dem Publikum zu kommunizieren. Und mit ihm, denn wir sind nur zu zweit und er ist ein Heavy Drummer, ist es auch anders, wenn wir in einer Halle oder in einem Rockclub spielen. Plötzlich legst du mehr zu, die Musik wird härter, wenn du bei ein Publikum hast, das steht, da gibt es viel mehr Dynamik als bei einem sitzenden Publikum.


Photo: Ilpo Musto

Ich hab einen Clip gesehen, wo du Jimi Hendrix spielst. Gibt es mehr Pläne in dieser Richtung?
Nein, das war ausschliesslich fürs Patty Smith Meltdown, und sie baten mich, was für den Hendrix-Abend zu machen. Ich war einmal dabei, und ach beim David Bowie Meltdown, wo wir David Bowie covers spielten. Eigentlich spiele ich nicht gerne Covers. Alle Projekte, in denen ich spiele, drehen sich um meine eigene Musik oder die Musik, die von den Leuten stammt, mit denen ich spiele...

Wie war es für dich, die Filmmusik zu „Jade Warrior“ zu schreiben, die Ideen von jemand anderem zu verarbeiten?
Ja, das war in vielerlei Hinsicht ein interessantes Projekt, mit einem tollen Regisseur, der hinsichtlich der Musik mit uns übereinstimmte, und wir konnten da wirklich unser eigenes Ding durchziehen. Das war der Grund, warum ich das Ganze anging – ich erkannte, dass sie die Sachen, die ich normalerweise mache, verwenden können, denn du musst dich auf alle Fälle anpassen an den Film, alles muss dem Film dienen. Aber bei diesem Projekt habe ich gemerkt, dass ich kein Filmkomponist sein will.

Lief das so, dass du die Szenen gesehen und dann die Musik dazu geschrieben hast?
Ja. Und viel von der Musik war bereits geschrieben, denn der Regisseur wollte Sachen, die wir schon hatten, also lief es sowohl-als-auch. Jedoch, das Filmgeschäft und Musik für Film schreiben, es geht immer darum, dass du dem Film dienen musst, und ich will mir selbst dienen (lacht).



Was war das schwierigste für dich - deinen Weg zu finden, zu erkennen, dass du was am Instrument verändern musst, es mit Elektronik zu versehen?
Alles, muss ich sagen. Die Tatsache, dass du es mit so einem traditionellen Instrument zu tun hast... und ich fing ja mit Tradition an, mein Vater spielte Akkordeon; also auszubrechen und einen Weg zu bahnen, raus aus dieser Welt – das ist ein langer Weg... Es hat etwas geholfen, dass ich in einigen Rockbands spielte...

Aber da spieltest du doch nicht Akkordeon?
Doch, ich spielte Akkordeon! (u. a. mit Ismo Alankos Band, Anm.d.Red.) Das hat etwas bei der Idee geholfen, denn in der ersten Band, wo ich spielte, war der Schlagzeuger so verdammt laut, dass ich mein Akkordeon echt kräftig bedienen musste; das half dabei, diesen physischen Zugang zu finden. Dann, die elektronische Seite, an der ich seit mehr als 10 Jahren arbeite, das war absolut nervig, denn keiner in der Akkordeon-Szene konnte dir dabei helfen oder Anleitungen geben.

Ohne meine Ausrüstung fühle ich mich nackt auf der Bühne.

Daher bin ich wirklich dankbar, dass der Techniker Mikko Linnavuori, derzeit der persönliche Tech von Tuomas Holopainen (Nightwish), gerade meine Ausrüstung neu gebaut und wieder repariert hat. Es war für ihn jede Menge Arbeit und Planung involviert, um alles so nach meinen Wünschen hinzukriegen. Diese Ausrüstung bedeutet mir ebenso viel oder sogar mehr als mein Instrument. Ohne meine Ausrüstung fühle ich mich nackt auf der Bühne. Also die Tatsache, dass es funktioniert und dass sie speziell und passend für meine Bedürfnisse gebaut wurde, ist ein wichtiger Teil meines Sounds und meines Spiels.



Und ich glaube, mein Akkordeon ist derzeit sowas wie eine grosse Bombe oder ein Atomkraftwerk, mit all diesen Kabeln und so, und es hat viel Arbeit gemacht, das alles herauszufinden. Aber nun bin ich wirklich zufrieden, denn ich weiss, dass der Sound genau das ist, was ich will. Er ist gewaltig, kraftvoller als der von Gitarristen. Ich kriege mehr Wucht und Dynamik hin, als es jedes andere Instrument schafft, das ich kenne. Der Sound des akustischen Instruments ist mit einem elektronischen Instrument gekoppelt, da ich es mit MIDI versehen habe, und im MIDI sind Akkordeon-Samples, also hab ich zwei Akkordeons, akustisch und elektronisch, und wenn ich die beiden kombiniere, krieg ich tolle Dynamik für das Instrument, echt gewaltig, und das hilft... Pat Mastelotto beispielsweise, der KTU Drummer, spielt so laut, niemand sonst kann so laut spielen, also wenn du mit ihm spielst, musst du echt was kontern, du musst seinen Sound was entgegnen können (lacht)



Also was kam zuerst, die Idee für die Musik, die du machen willst, oder die Modifikation des Instruments?
Irgendwie passierte das alles so nach und nach zugleich, aber als ich dann ein Solokonzert in 1996 gab, da entschied ich mich, meine Stimme zu nutzen und das Akkordeon zu verstärken. Und dann kaufte ich meine erste Ausrüstung, ein paar Pedale und sowas – und in diesem Solo kamen alle diese Elemente zueinander, und diese Idee hab ich in den letzten 10 Jahren weiterentwickelt.

Und wie viele Leute hielten dich deswegen damals für total verrückt?
Ja, ich glaube, viele, sehr viele... es ist lustig dass, wenn du so ein Instrument wie Akkordeon spielst, die Leute dich dann als verrückt bezeichnen. Ich wurde „der verrückte Akkordeonist, der Jimi Hendrix spielt“ genannt oder „der Wilde am Akkordeon“ oder sowas, solche Namen. Wenn du Gitarre spielst, ist es echt viel einfacher (lacht)

Und du hattest nie das Bedürfnis, einfach das Instrument zu wechseln?
Ja, ehe ich auf diese Art anfing, schmiss ich um ein Haar alles hin. Ich konnte mich nicht finden in diesem Instrument. Ich ging nach Tansania, um afrikanische Musik zu studieren, und auch nach Argentinien wegen der argentinischen Musik, und ich war dann etwas weg davon – aber dann erkannte ich, dass das Instrument, das ich am besten beherrsche, eben das Akkordeon ist, da ich es seit meinem 10. Lebensjahr gespielt habe. Also musste ich nur herausfinden, wie du es am besten physisch handhabst, und in kleinen Schritten kam die Idee zur Verstärkung und so weiter, und Improvisation und all meine Kompositionen für dieses Instrument – mit all diesen Elementen entdeckte ich dann, „hey, das ist doch nicht so schlimm, es klappt ganz gut“.

Du spielst Knopfakkordeon, was hältst du von der Piano-Version?
Eigentlich glauben die meisten, dass die Knopfversion schwieriger ist als die Piano-Version, aber es ist umgekehrt. Mein Vater spielte die Piano-Version und er wollte mir die mit Knöpfen kaufen, denn er wusste, dass die viel einfacher ist. Und darum ist Akkordeonmusik meist so langweilig, denn die Knopfversion ist so gebaut, dass du sehr einfach sehr technische Sachen spielen kannst. Dann wird die Musik langweilig, wenn die Leute nur so schnelle Sachen spielen, als ob Musik Sport wäre, rein Virtuosentum... Ein wichtiger Aspekt war für mich, dieses Virtuosentum aufzugeben. Du kannst virtuose Sachen spielen, wenn du Feeling und Sinn dahinter hast, aber es geht eher darum, WAS du spielst, anstatt deine Finger so verdammt schnell zu bewegen und nicht wirklich was dabei herauszuholen.

Ein wichtiger Aspekt war für mich, dieses Virtuosentum aufzugeben.

Naja, dasselbe bei diesen virtuosen Gitarristen... ich will nun keine Namen nennen...
Ja, ich kenne viele Gitarristen, die ich nicht aushalte, da sie nur ihr Können zeigen, aber dann hörst du wieder Gitarristen, die wirklich zuhören, was sie spielen, dann ist es toll. Und auf den Sound achten, denn der Sound ist wichtig. Also ist es eine sehr delikate Angelegenheit, wo ist die Grenze, wenn Musik zuviel an Sport wird (lacht)


Photo: Milena Strange

Du spielst ja bald in Australien – zum ersten Mal?
Ja, beim Sydney City Festival, im Jänner.

Irgendwelche Erwartungen?
Nicht wirklich, obwohl es das erste Mal in Australien ist, ein Solo-Gig... ich glaube, es ist überall gleich, egal wohin du fährst, da gibt es nicht so viele Unterschiede. Gut, es gibt unterschiedliche Umgebungen, aber die Konzerthallen oder Klubs sind stets so ziemlich gleich. Es ist interessant, dorthin zu fahren, denn über meine Copyright-Berichte weiss ich, dass die dort meine Musik sehr oft im Radio spielen (lacht)

Gibt es ein Konzert, auf das du besonders stolz bist?
Nicht wirklich ... aber es gab eine Show in der Royal Albert Hall in England, ein Solo, und als ich da auf die Bühne ging und das Ganze sah, dachte ich „Wow, das ist cool“ (lacht) Aber manchmal können in coolen Venues die Konzerte weniger gut sein, und in kleinen Clubs kannst du echt tolle Shows haben – da gibt es keine direkten Zusammenhänge...



Was war dein bizarrstes Konzerterlebnis, wo zum Beispiel die Leute was völlig anderes erwartet haben...
Ja... einige Male ist sowas passiert, gottlob nicht so oft... du würdest da bei diesem Instrument etwas mehr erwarten... in England gab es diesen Typen im Publikum, der die ganze Zeit quatschte, er war so verärgert und hasste mich total, redete während des gesamten Konzerts, er hielt es nicht aus, und dabei war es sogar ein amtliches Konzert! Und eine Story aus Finnland – da war diese ältere Dame, und ich glaube, sie war beim falschen Konzert und ging auch sehr bald, nach den ersten paar Minuten, und meinte am Kartenschalter, dass das für sie das Schlimmste seit dem Winterkrieg war (Gelächter). Ich finde, das ist eine tolle Konzertkritik (mehr Gelächter). Ich bin wirklich stolz auf diesen Kommentar. Wenn du Akkordeon so spielen kannst, dass es für jemanden „das Schlimmste seit dem Winterkrieg“ ist...

Yeah, das ist schon was...
Yeah!

Das Schlimmste seit dem Winterkrieg

Nun haben ja einige finnische Metalbands Akkordeon in ihre Musik eingebaut – sowohl den Sound als auch das echte Instrument, etwa Finntroll, Moonsorrow und Korpiklaani. Was hältst du davon?
Ich hab auch ein paar russische Bands gesehen, ich finde es toll, und besser als die üblichen Keyboards. Aber was ich soweit an Akkordeon in so einer Umgebung gesehen habe, gab es da immer das Problem, dass da nicht wirklich gut durchdacht wurde, wie der Sound in den Griff zu kriegen ist. Ich meine, da brauchst du schon die hochkarätigen wohlplatzierten Mikrophone im Inneren des Instruments. Es ist nicht möglich, das ohne so ein Mikro zu schaffen. Ich habe spezielle Mikros für mein Akkordeon. Ausserdem – ich finde, dass der pure Akkordeonsound nicht genug ist, du brauchst da etwa an Aufbereitung, du kannst ein paar Effekte benutzen oder den Sound boosten, jedenfalls, wenn du in einer härteren Band spielst, solltest du den Sound dafür haben (lacht)

Auf deiner Website wird dieses „Earth Machine Project“ erwähnt. Worum geht es hier?
Das ist ein sehr interessantes Projekt. Einige meiner Freunde entdeckten dieses Festival, das nahe meines Geburtsortes, viel weiter oben im Norden, stattfindet, in einem kleinen Dorf namens Rämsöö. Die haben dieses riesige Maschinenfestival, mit all diesen riesigen Motoren und Maschinen, die zur Energiegewinnung oder in den 20ern für Bauarbeiten benutzt wurden. Und diese Maschinen haben einen gewaltigen Sound, sowas wie Techno-Metal, und ich dachte mir, wenn ich sie mit Mikrophonen versehe und einen Surround Sound schaffe – den ich immer benutze – dann kann ich Musik für dieses Festival kreieren. Die Jungs waren einverstanden, wir haben bereits ein Konzert gespielt, und nun machen wir es im Juni 2008 noch einmal. Und dann gibt es noch ein Stück, im Original von Jukka Perko und Samuli Kosminen, die auch kommen werden und was machen. Und was toll ist, meine Agentin in England, als sie von diesem Projekt hörte, hat in England eine Tour für mich arrangiert. Im Februar fahre ich dorthin und suche ein paar Bauernhöfe aus, wo sie gute Maschinen und Motoren haben, nehme sie auf, so dass ich Musik komponieren kann, und dann hab ich dort im Mai eine Tour bei 5 Bauernhöfen...


Photo: Tuomo Manninen

Das klingt... ziemlich... verrückt...
Das ist ziemlich verrückt, aber du wirst lachen, wie toll es funktioniert! Wenn du den Sound über eine PA spielst, wirst du überrascht sein, wie gut es klingt. Ich hab auch mal ein Duell mit einem Motorrad ausgefochten – ich stellte ein Motorrad auf die Bühne, ein Mikrophon dazu, und spielte dann ein Duo mit einem Motorrad. Das klappte wunderbar.

Was machst du so, wenn du nicht Musik machst?
Wenn ich nicht spiele, dann ist das einzige, was ich sonst so mache, an meinem Fahrrad rumbasteln und schwimmen gehen (lacht). Ich unterrichte nicht, ich komponiere Musik für verschiedene Projekte und ich mache Auftritte, das reicht mir. Derzeit habe ich ohnehin 5-6 verschiedene Bands oder Projekte, wo ich spiele...

... was sehr typisch finnisch ist, mindestens 3 Projekte zu haben...
Ja, ich für mich selbst will es so halten, dass ich nicht zu viele Bands habe, aber ich gestatte mir meine eigenen Projekte, was doch in meinen Augen etwas anderes ist. Ich will nicht immer Solos spielen, es ist nett, manchmal 2, 3, 4 Jungs mit dabei zu haben – das gibt dir die Abwechslung in meiner Arbeit, und es ist ja noch immer Arbeit, was du da machst. Also ist es toll, mehrere verschiedene Projekte zu haben.

Das ist ziemlich verrückt, aber du wirst lachen, wie toll es funktioniert!

Welche Art von Musik hörst du so, was inspiriert dich?
Das ist hauptsächlich, was in der elektronischen Musik derzeit so läuft. Manchmal hör ich was Neues, neue Sounds, die dort abgehen... Electronic Noise, echt heavy... und ich bin eher ungeduldig, ich hab schon so viele Arten von Musik, so viel Musik in meinem Leben gemacht... also ändere ich ständig meine Meinung... was ich aus der Elektronikszene in den letzten Jahren so hörte, scheint da was Neues zu laufen. Aber gut, wenn du Musik machst und komponierst, dann hast du leider nicht so viel Zeit, was anderes zu hören.

Würdest du sagen, dass dein Instrument nun etwas „cooler“ ist als damals, als du anfingst?
Es ist nun definitiv cooler als in den 70ern, da war es echt uncool, das uncoolste Instrument von allen, also frage ich mich, ob ich echt so ein wohlerzogenes Kind war, als ich in den 70ern mit Akkordeonspielen anfing. Aber natürlich ist es cooler heutzutage, es ist weiter verbreitet, und auch die Tatsache, dass mein Instrument nun so völlig anders ist, und auch was ich soundmässig mache, als vor 20 Jahren... und ich kann sogar sagen, dass mein Sound nun 1000mal besser ist als noch vor 10 Jahren...



Im Rückblick, gibt es da etwas in deiner Karriere, das du als Fehler ansiehst, dass du anders gemacht hättest?
Ich würde auf alle Fälle niemandem denselben Weg empfehlen, den ich mit dem Akkordeon gegangen bin, den er war echt steinig... schwierig, mit Folk anzufangen, zur Klassik zu gehen und wieder zurück zum Folk, und dann kleinweise deinen eigenen Weg finden – also das war wirklich nicht einfach. Ich war oft wirklich am Ende, aber im Rückblick, vielleicht auch die guten Aspekte von dem, was ich geleistet habe, die unterschiedlichen Dinge – so gesehen ist es toll. Aber ich hoffe wirklich, dass Leute, die nun mit Akkordeon anfangen, schon da ansetzen können, wo ich nun bin. Sie sollten nicht denselben Weg gehen müssen, sondern sofort Zugang zu diesem Equipment haben können, das ich entworfen habe. Ich weiss, das ist schwierig, denn nichts dergleichen ist käuflich erhältlich – aber sowas als Standardausrüstung für Akkordeon im Handel zu haben wäre unglaublich toll, wenn es jemand gleich kaufen und dann selbst weiterentwickeln könnte...

Vielleicht hat ja jemand ne Idee, wie man das zugänglich machen und in den Laden bringen kann...
Ja, ich hoffe, dass das passieren wird, denn die Leute sollten sich aussuchen können, was sie spielen wollen, und mir gefällt der Gedanke nicht, dass sie dann dasselbe machen wie ich. Denn das ist langweilig (lacht)


Photo: Kalle Björklid

Zum Abschluss eine echt blöde Frage – warum ist die „Vagina Lady“ dein Freund Nr. 1. auf deiner Myspace-Seite?
Weil ich auf ihrer Website war, und sie die einzige ist, die ich nicht persönlich kenne – alle anderen Freunde kenne ich persönlich... ich kann mich nicht erinnern, wie ich auf sie gestossen bin, aber ich fand sie echt cool. Auch was ich auf ihrer Website so gelesen habe, daher wollte ich sie einfach dort haben.

Ich mag ihr Kleid – ich hätte gerne auch sowas, für offizielle Anlässe, wie Botschaftsempfänge... (lacht)
JAA! Ich hätte auch gerne so ein Kleid für Auftritte, das würde mir echt gefallen... denn manchmal trage ich ja Röcke bei Auftritten, und ich überlegte mir schon, jemanden mit so einer Art Kleid für mich zu beauftragen. Das aussieht wie eine riesige Vagina. Das wäre echt toll.

Das Problem wäre, dass davon nicht so viel zu sehen ist, wenn du spielst...
Nein, das Akkordeon geht ja nur bis hierhin (deutet auf seine Taille), und ab da kannst du es dann sehen, also hoffe ich, dass ich bald mal einen von ihr inspirierten Vagina-Rock habe (Gelächter)

Danke für das Interview!

www.kimmopohjonen.com

www.myspace.com/kimmopohjonen


Wenn ihr mehr von Kimmo und seinem musikalischen Spektrum wissen wollt, ein paar CD Tipps:

Pinnin Pojat – womöglich das einzige echte “Folk” Projekt in seinem Schaffen, sehr minimalistisch, ein Duo mit Arto Järvelä http://www.smok.com/pinninpojat/

Unter “Suomi Pop” oder “Suomi Rock” findest du Kimmo als Bandmitglied bei
Ismo Alankos Säätiö und die CD “Pulu” - auch hier reichlich Folk/Ethno-Elemente
Toni Rossi & Sinitaivas und die CD “Avaruusvalssi” - im Grenzbereich Rock/Pop, zwei Songs wurden hier von Kimmo komponiert

KTU CD “8 Armed Monkey” – wie bereits im Interview erwähnt, ist KTU das aktuellste Bandprojekt, und vielleicht am ehesten ROCK – wenn auch abartig psychedelisch...

Meiner Meinung nach wird das Album Uumen - mit Drummer Eric Echampard – in eine völlig unzutreffende Kategorie (“New Age/Ambient”) eingeordnet – wenn ich es “Progressive Atmospheric Rock-Jazz” nenne, wisst ihr eher, was euch da erwartet...

Kalmuk mit der Tapiola Sinfonietta, Abdissa Assefa und Samuli Kosminen folgt eher klassischer Musik, enthält aber jede Menge seltsame – schamanistische? - hypnotisch-treibende, aufregende Elemente ...

Kluster ist derzeit wohl meine Lieblings-CD – intensiv, atmosphärisch und so-gar-nicht-nach-Akkordeon-klingend...

UND: Es gibt jede Menge Videos und Sound-Beispiele auf Kimmos website... so check it out!


Photo: Maxim Gorelik


Autor: Klaudia Weber, photos: see photo credits
Eingetragen am: 2008-01-06

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