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- Rezension: BÜCHER - HÖRBÜCHER


Das Buch R.U.M.
Rockmusik und Malerei, Versuch über das Denken

2010-07-22
Author Ralf-Dieter Abraham 
Verlag / Publisher VDM Verlag Dr. Müller 
Web www.vdm-verlag.de
 
Vö/Releasebereits veröffentlicht / already released 

Wird ja langsam Zeit, dass die Rock- und Metalszene wissenschaftlich aufbereitet wird: “Jeder, der Rockmusik als Soziale Konstruktion versteht, ist hier richtig,” verspricht hier der Klappentext. Ein paar Seiten weiter wird der Autor schon etwas deutlicher: “Ich nehme die Lesenden mit auf eine Reise durch stinkende Proberäume, halbleere abgestandene Bierdosen und volle Aschenbecher.”

Definitiv “no bullshit” also, was hier auf 188 Seiten vor uns ausgebreitet wird. Kein Wunder, denn der Autor Ralf Abraham, in einer ländlichen Gegend im Süden Österreichs geboren, weiss genau worüber er da schreibt, nicht nur als frischgebackener Magister in Kulturvermittlung, sondern vor allem als Rock/Metal Gitarrist, Konzertveranstalter und Radio DJ (“For Those About To Rock” bei Radio Agora).

Und ebenso wie ein DJ besteht seine Vorgangsweise in der Erstellung einer “Playlist, in der der DJ versucht, mit verschiedenen Ideen Spannungsbögen zu bauen. … Natürlich hab ich nicht wirklich Musik mit Malerei, mit Denken verglichen, sondern immer nur Texte, Wörter über Musik, Malerei, Denken, ich kann ja nur Gleiches mit Gleichem vergleichen.... Der Versuch des Verstehens ist lediglich auf die Rockmusik bezogen, die Malerei und die Wissenschaft sind hierfür einfach Werkzeuge, die die Komplexität der letzten hundert Jahre zum Ausdruck bringen soll.”

Teil dieser “Playlist” sind Auszüge “erzählter Wirklichkeit” (Interviews mit Malern, Musikern, Veranstaltern etc) , Ausflüge in die Musiktheorie und -geschichte auch Songtexte (z.B. Megadeth, Slayer), Plattencover, Plakate, Gottfried Helnwein-Bilder, Zitate aus Künstlerbiographien und sehr viel Persönliches des Autors selbst, verpackt in eine Rahmenhandlung. Daher bleibt der Gesamteindruck trotz der wissenschaftlichen Exkurse ein sehr persönlicher, eine gewisse Vertrautheit wird erzeugt - eher “Gedankenaustausch unter Freunden” als “akademische Vorlesung”. Sachte wird man hingeführt zur Erkenntnis, warum Rockmusik Spiegel des westlichen Kulturpessimismus ist, aber auch als Gleichnis für Demokratie steht. Nicht alles wird dabei “vorgekaut”, den LeserInnen wird Raum für eigene Aha-Erlebnisse eingeräumt.

Was der Autor ja beabsichtigt: “In meinem Kulturbegriff gibt es keine Rezipienten. Ich arbeite strikt nur mit Produzenten. Diese Hinzufügung des eigenen Selbst in die schon vorhandene Welt ist Kultur.” Und darin liegt wohl der Schlüssel:

Das Buch R.U.M. ist selbst direkt und unmittelbar wie ein Rocksong, und die LeserInnen werden nicht nur unbeteiligte Zeugen, sondern selbst Teil dieser “Jam-Session”, mitten drin in Ralf Abrahams “Versuch, die Demokratie der Gedanken, die Rebellion in der Musik und Malerei zu umschreiben.”



PS: Auf LeserInnen jenseits des “Weisswurstäquators wartet eine besondere Herausforderung, sollten sie die Interviews in voller Länge im Anhang lesen wollen: die meisten sind im O-Ton = südösterreichischer Dialekt und eher phonetisch als “grammatikalisch” notiert worden


Klaudia Weber


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9/10