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- Rezension: AUDIO CD -


EPIGENE

2011-07-11
Titel / Title A Wall Street Odyssey 
Label Amammi Music 
Web www.myspace.com/epigenemusic
 
Gesamtspielzeit
Total run time
111:30 min. 
Vö/ReleaseAugust 2011 

Erster Eindruck, optisch: wunderschönes Album. Eine Rock-Oper als Doppel-CD verpackt in einem aufwendigen Cover mit inwendigem 46-seitigem Büchlein, in dem ein witziger, in naivem Stil gezeichneter Comic (von Tom Swanson aus Seattle) die Songtexte begleitet.

Der Klang, akustisch: hervorragende Abmischung, brillante Räumlichkeit, jedes Instrument - Gitarren, Schlagzeug, Trompete, Waldhorn oder Geräusche - ist geradezu fühlbar mit starker Kanaltrennung präsent.

Die Musik: das Album wirkt leicht nostalgisch; bei „Rock-Oper“ denkt man an The Who, Pink Floyd oder The Kinks. Was hier Sean Bigler und seine Frau Bonnie Lykes (aus der Nähe von New York) komponiert haben, ist eher eine Fusion aus progressiven Rock mit Jazz-Elementen und diversen stilistischen Anreicherungen. Bei den ersten zwei Liedern erwachen Reminiszenzen an den Stil von Yes oder auch an eine deutsche Band der 70er Jahre namens Triumvirat.

Ab dem dritten Song, wird die Platte in schrägere Ecken gefahren, bei „The Catch 22“ werden 80er Jahre Disco-Elemente integriert. „Take My Head Off“ mischt ein wenig späten Frank Zappa mit der aggressiven Sprechpoesie von Henry Rollins. Die Klänge sind urban, treibend-hektisch; doch mit „Losing Everything“ und der schönen Stimme der Jazz-Sängerin Bonnie Lykes leitet sich der Niedergang des Wallstreet-Bankers Yossarian ein, dessen Geschichte über die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Ereignisse der letzten Jahre reflektiert.

Durch Drogenprobleme bis zum Obdachlosen verkommen, wird der ehemalige Banker von einem Samariter mit aufs Land genommen, wo er in der Natur zu neuem Frieden und zu Liebe findet, die ihn die Tyrannei der Geldherrschaft erkennen lässt. In diesem zweiten Teil der Odyssee treffen wir bei „In A Circle“ auf etwas, das nach den Beatles klingt. Nunja, auch bis Woodstock ist es nicht weit, akustische Instrumente finden Einsatz, die Rhythmik entspannt sich. Eine Szenerie des Flower-Power wird verjazzt ins 21. Jahrhundert transferiert. „The Serpent Mound“, rhythmisch, psychedelisch indianisch, ist das kompositorische und klimatische Highlight der Platte.

Doch Yossarian möchte seine neu gewonnene Sicht der Dinge an jene weitergeben, die wie er früher nach wie vor in der Stadt der Korruption des Individuums und der Gesellschaft huldigen. Er muss feststellen, dass Gewalt, Gier und Hast in der Stadt regieren und die Menschen unbelehrbar bleiben. Er zieht sich diesbezüglich resignierend wieder auf das Land und damit in seine eigene Seelenharmonie zurück. Jazz-Rock und leicht indisch kolorierte Weltmusik machen das Finale einer bemerkenswerte Platte.

Bemerkenswert ist die offensichtliche Akribie, die bis in jedes Detail musikalische Vielseitigkeit und Begabung mit aktuellen Themen sozialkritischer Realitätsbewältigung verbindet. Thema und Text als Botschaft, von Musik unterhaltend transportiert. Möglicherweise hätten die provokativen Anteile noch experimenteller geformt bzw. die Gestaltung der drei Odyssee-Chroniken voneinander noch profilierter abgesetzt werden können; Licht und Schatten hinsichtlich Niedergang und „Wiedergeburt“ noch dramatischer gestaltet sein können. Aber das ist eine Geschmacksfrage. In jedem Fall ist dieses Werk faszinierend für alle mit Interesse an Jazz-Rock und progressiven Rock sowie dem Sinn, Musik zu einem Kino im Kopf werden zu lassen.


Sean Bigler - Vocals, electric & acoustic guitars, bass, keyboards, synths, Home Studio.
Bonnie Lykes - Vocals, Keyboards, synth, vocoder


Tracklist:

Disc 1
01. Looks Like I Made It
02. Money Master
03. The Catch 22
04. Take My Head Off
05. Rabbit Hole
06. Losing Everything
07. I Eat The Concrete
08. Brother, Take My Hand
09. The Settlement Of Love
10. In A Circle
11. The Farmer´s Diary
12. Nature Spirits
13. The Serpent Mound
14. My Jewel In The Sun
15. Sanctuary
16. I´m Gonna Save The World

Disc 2
01. Stranger In A Strange Land
02. Colonization & Globalization
03. The Warning
04. Back To The Country
05. The Warning (Reprise)
06. Isis Conspiracist
07. The Sky Is Falling
08. Run!!!
09. To Each His Own


Andreas Torneberg


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8/10