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- Rezension: AUDIO CD -


Pothead

2013-02-07
Titel / Title Jackpot 
Label Janitor Records 
Web www.pothead.de
 
Gesamtspielzeit
Total run time
35 min. 
Vö/ReleaseJanuar 2013 

Der Weltuntergang war 2012 doch noch nicht geplant; damit bleibt zu sagen, das international bedeutsamste Ereignis in der Welt war die Neubesetzung der vakant gewordenen Stelle eines Schlagzeugers bei den Topfköpfen, die sich anglisierend Pothead nennen. „Ick bin ein Berliner!“ meinte 1963 J.F.Kennedy dereinst, und alle wussten, er war es nicht; war aber nett gemeint. Wenn Brad (vocals, guitar) von Pothead nun 50 Jahre später sagt „ick bin ein Berliner“, klingt´s akustisch zwar fast genauso, aber es stimmt noch dazu (fast). Die Rosinenbomber haben er und Mr. Bass, Jeff Dope, zwar nicht mehr miterlebt, aber schon kurz danach - also nach dem Fall der Mauer - war er in den Gassen an der Spree schon am Start und schwang den Sechssaiter.

Seitdem verging praktisch kaum ein Jahr, in dem nicht eine Silberrille den Weg unter die digitale Nadel des Players fand. Etwas härter und stürmischer in den 90ern, etwas ruhiger und melodischer Anfang des Millenniums, etwas konfuser noch vor einigen Jahren, aber nun sind sie zurück, und mit dem „Neuen“, Nicolaj „Nick“ Gogow, einem weiteren Ur-Berliner nahezu reinsten Bulgarenbluts, haben sie im flotten Dreier gleich losgelegt und die Kugel ins Rock und Rollen gebracht: „Jackpot“ ist angesagt.

Wer Pothead kennt, weiß, hier geht es nicht um Überraschungen oder Avantgarde, sondern um solide Besinnung auf Essenz im Retro-Rock-Gewand. Das Ding poltert gleich geradeaus los und kann davon überzeugen, dass Tonwellen einen Teppich entstauben können (wenn man ihn vor die Boxen hängt). Nicht nur bei „Rhyme In Time“ (oder bei „Frame In Your Mind“) kommt mehr synthetische Elektronik zum Einsatz, ohne sich in den Vordergrund zu spielen, und was die puristischen Riffs mit einem winzigen Hauch von Glamour hinterlegt und ihnen gut tut. Und noch etwas zeigt sich: Brad genehmigt sich öfter und spielfreudiger als früher einige Gitarrensoli, traditionell, aber gezielt auf die 777. Davon wollten doch schon alle mal mehr, oder?

Und wie macht der Neue seine Sache? Er hatte versprochen, etwas Balkanpeffer in den Topf zu streuen. Zunächst unauffällig, schön integriert, kommen durchaus einige neue Sequenzen zum Vorschein. Bei „Emotion Of The Potion“ wird aus dem Saturnight Fever getankt; von dem Stück haben sich einst vielleicht vorausschauend die Bee Gees inspiriert gefühlt. Schon auf der letzten Platte war eine Prise Temptations spürbar. Brad hat seine Inspirationen auch aus alten Disco und Soul Töpfen gezogen, nicht nur aus Grunge und Blues. Das ist gut so, mischt sich mit dem ohnehin schon vorhandenen retrospektiven Ambiente und verleiht Spritzigkeit.

Songs wie „Old Bitter“ oder insbesondere „Boilermaker“ hat Pothead eigentlich schon im Programm; das klingt hübsch, bringt allerdings - außer dem Gitarrensolo bei „Boilermaker“ - nichts wirklich Neues. Aber darauf folgt „Bombay“ - ein Gute-Laune-Ohrwurm, Jamaika-Grunge für das Beach-Radio; hitverdächtig, plötzlich Lust nicht auf Bier, sondern auf Pina Colada. Da kommt „Detroit“ gerade recht - fast schon Punk im gepflegten Wohlfühlmodus.

Schöne Scheibe, blinkt silbern, dreht sich rasant und lässt sich von zwei Seiten betrachten: Hat sich Pothead neu erfunden? Nein. Hat Pothead etwas neu erfunden? Nein. Muss Pothead sich oder etwas neu erfinden? Nein. Also, eigentlich nein. Wenngleich diese neuen Spuren, Blues und Grunge mit etwas Soul zu würzen spannend sind und dem neuen oder alten Pothead-Jünger einiges zu entdecken und genießen geben.

Tracklist:
1. Take Your Queen
2. Rhyme In Time
3. Drone
4. Emotion Of The Potion
5. Overblown
6. Frame In Your Mind
7. Old Bitter
8. Bombay
9. Boilermaker
10. Detroit
11. Rock Satellite
12. Northern Lights



Andreas Torneberg


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8/10