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- Rezension: AUDIO CD -


Wolfheart

2013-08-28
Titel / Title Winterborn 
Label unsigned 
Web www.facebook.com/WolfheartRealm
 
Gesamtspielzeit
Total run time
49:00 
Vö/Release11.10.2013 

Vielleicht kennt ihr das Gefühl, wenn eine neue Platte eurer Faves rauskommt, nach der ersten Ekstase dieses Zögern, dann eine Welle der Panik: Was ist, wenn ich es nicht mag? Als Rezensentin kommt noch eine weitere Dimension dazu: wie die persönliche Integrität bewahren und doch die Enttäuschung formulieren, aber so, dass man nicht einen hochgeschätzten Künstler kränkt? Ich muss gestehen, so ging es mir noch jedes Mal bei Produkten aus dem Hause Tuomas Saukkonen – diese Befürchtung, dass einmal der Tag kommt, eine negative Kritik schreiben zu müssen. Auch diesmal ist mir so ein Tag erspart geblieben.

Wolfheart, das bislang (von Labeln) unabhängige Ein-Mann-Projekt, hat mich nicht enttäuscht – und sowohl meine Erwartungen erfüllt als auch für Überraschungen gesorgt. The Hunt leitet das Album mit leisen akustischen Tönen ein, was die Hörerschaft vorbereitet auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle: melodisch-atmosphärische Ohrwürmer, herzzerreißend schöne Riffs mit dieser ”einsamen Gitarre” oben drüber – wahrscheinlich das Saukkonen-Markenzeichen schlechthin, dann diese massiven majestätischen, fast brutalen Soundwände, die dem Ganzen eine epische Dimension verleihen, angetrieben von aggressiven Blast Beats und Growls wie direkt aus der Hölle – man merkt die Einflüsse aus der Black Metal Szene, die schon bei Black Sun Aeon brilliant umgesetzt worden waren. Eine homöopathische Dosis von Synthesizern gibt den derben Riffs noch mehr Substanz. Und halt, diese zarte Melodie am Schluss, ist das ein Cello? Gut, ich glaube, das beschreibt schon mal den ersten Song ganz gut...

Der nachfolgende Track Strength and Valor setzt eher das Before The Dawn Feeling fort, ehe Routa pt. 2 (hier ist die Verbindung zu BSA schon im Titel deutlich) endgültig klarstellt, dass es sich in der Tat um ein Cello (bzw dessen Soundsimulation) handelt. Und, tja, alleine dieser Song – einer der längsten auf diesem Album – rechtfertigt die Anschaffung dieser CD. Ein Meisterwerk, wo fragiles akustisches Melodiengeflecht das Gegengewicht zu aggressiven, nahezu Industrial-BM-Brutaloteilen darstellen und in ihrer Gesamtheit eine Hymne an die Traurigkeit erschaffen, die einem die (Freuden)Tränen in die Augen treibt.

Das gesamte Album steht im Zeichen dieses ausbalancierten Kontrasts (da muss noch das ausgezeichnete Mixing und Mastering von BTD-Kollegen Juho Räihä erwähnt werden). Gale of Winter setzt dem Ganzen noch ein zartes Piano oben drauf, da muss man aber genau hinhören, wohingegen dem Cello auch ein Platz in der aggressiven Riffsektion eingeräumt wird. Ghosts of Karelia dürfte der brutalste Track sein – Blastbeats, als wäre der Drummer nach Schlaganzahl bezahlt worden – und auch der experimentellste (für mich hätten ruhig noch mehr Experimente stattfinden können) mit groovigen und thrashigen Teilen und noch mehr Cello. Dieses Instrument hat aber wohl den glorreichsten Apocalyptica-Moment im Abschlusstrack Breathe – so herzzerreißend schön, aber doch irgendwie fies, mit einem Hauch von Doom. Ein leichtes Doom-Feeling stellt sich auch beim langsameren, aber nicht weniger heavy groovenden Chasm ein, wo außerdem noch was von Pagan Metal hinzukommt. ”I” ist ein weiteres Meisterwerk an sich, wo eher die BTD Klänge als die von BSA weiterentwickelt wurden – ein absoluter Ohrwurm. Das bemerkenswerteste Gitarrensolo findet sich meiner Meinung nach bei Whiteout – eines von 5, das der einzige Gastmusiker Mika Lammassaari (Eternal Tears Of Sorrow) lieferte, der wohl auch im Live-Line-up von Wolfheart zu finden sein wird (dieses feiert am 11. Oktober beim Metalheim-Fest in Helsinki, Nosturi, seine Premiere).

Zusammenfassend sei zu sagen, dass Winterborn die besten der Elemente aller früheren Saukkonen-Projekte vereint – und daher mit Sicherheit sowohl die Before The Dawn als auch die Black Sun Aeon Fans ansprechen wird. Und sicherlich auch neue dazu gewinnt, die keine der genannten Bands kennen, aber ein aus einem Guss gefertigtes Meisterwerk an Melodic Death zu schätzen wissen. Besonders jene, die keinen klaren Gesang mit dabei mögen, dürfte dieses Album gefallen – denn von clean Vocals gibt es hier keine Spur.

Jedoch hat mich eines überrascht – neben den vielen akustischen Teilen oder dem Cello – die Growls klingen hier gelegentlich fast nach ”Singen”, was wohl durch Doppeln bzw. Überlappen von Gesangsspuren erzielt wurde. Das gibt einem Gesangsstil mehr Dynamik, der ja sonst von Natur aus etwas ”eindimensional” auf einer Tonhöhe dahinbrummelt. Und klar, da sind noch diese vielen Details, wie das Piano, die man erst nach mehrmaligem Anhören entdeckt – und ich bin mir sicher, ihr werdet euch dieses Album oft anhören.

Es mag einen Tag geben, wo ich einem Saukkonen-Produkt eine 10/10 gebe ...
aber dieser Tag ist noch nicht gekommen… hey, ich brauch ja noch ein bisschen Platz nach oben in der Bewertungsskala, für zukünftige Wolfheart-Platten...

Vorbestellungen – wo Bonustracks winken - hier: http://www.recordshopx.com/artist/wolfheart/winterborn/#cd

1. The Hunt
2. Strenght and Valour
3. Routa pt.2
4. Gale Of Winter
5. Whiteout
6. Ghosts of Karelia
7. I
8. Chasm
9. Breathe
Diese Bonustracks gibt es nur via Vorbestellung, über Download-Voucher:
10. Fray
11. 4:19 am

Link zu den Album Previews: https://www.youtube.com/watch?v=9FFgrbFVyrw und http://youtu.be/wmHngql_fDA

Klaudia Weber


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9.5/10