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Mortiis: Auf ewig süchtig nach Musik

Das neue Remix-Album “Some Kind Of Heroin” war Grund genug für STALKER, mit Mortiis Kontakt aufzunehmen, und natürlich wollten wir auch wissen, wie die gerade abgeschlossene Tour mit Deathstars gelaufen war und was in Zukunft geplant ist. Mortiis höchstpersönlich stellte sich unseren Fragen und sprach über die Schattenseiten des Showbiz und die Gefahren, seine Seele einer Plattenfirma zu verkaufen.



Du hast gerade die Tour mit Deathstars beendet, wie wars?
Es war cool, die Kids waren um einiges jünger als erwartet, meistens jedenfalls, ich denke, dass Deathstars generell ein eher jüngeres Publikum ansprechen.


Kannst du bitte die Bandmitglieder mit typischen Eigenschaften und Spleens vorstellen?
Ogee: Gitarre, ist stolz darauf, eine soziale Ader zu haben und sehr charmant zu sein, hat auch die schlechte Angewohnheit, Gratis-Merchandise an völlig Fremde zu verteilen
Levi: Gitarre, Ogees Bruder, wir arbeiten gemeinsam an der CD Produktion, also ist er wohl der am besten organisierte in der Band
Leo: Schlagzeug, gib ihm nie Schnaps zu trinken, da wird er zum Monster
Mortiis: Gesang, Songwriter: Keine soziale Ader, ein Außenseiter und auf Tour noch asozialer


Dein neues Album “Some Kind Of Heroin” kam gerade auf den Markt, eine Remix-CD, wie kamst du auf diese Idee?
Ich mochte einfach die Idee, Songs noch einmal zu bearbeiten, auseinander zu nehmen und neue Songs daraus zu bauen. Es ist einfach kreativ, oder zumindest bietet es die Chance, kreativ zu sein... ich mag auch die Idee, dass andere Leute sich unserer Songs annehmen und probieren, was passiert...


Woher der Name für die CD?
Es ist eine Zeile aus “The Grudge”, dem Titeltrack des Albums, das wir neu abgemischt haben, es spielt auf alles süchtig Machende, Negative an, etwas wirklich Destruktives, Künstliches, und künstlerisch machte das Sinn für mich, was “Some Kind Of Heroin”, das Album, für mich persönlich und beruflich symbolisiert. Es ist das Ende von etwas Verführerischem, was aber zerstörerisch wirkt... am Ende verschwindet es. Das war damals meine Situation, das Ende einer Ära, es erreicht endlich ein Ende.


Welcher Song ist für dich der beste auf diesem neuen Album, und warum?
Naja, das sind alles neue Versionen, und ich mag sie alle, aber meine Faves sind von Funker Vogt, PIG, Zombie Girl und vielleicht Dave Wallace. Ich könnte nicht nur einen Favoriten nennen.



Welche Ziele hast du, was möchtest du erreichen?
Einfach so gut sein, wie es nur geht, und dass ich auf jede Veröffentlichung zurückblicken und ehlich sagen kann, dass diese im Lauf der Jahre immer besser wurden. Niemals aufhören, sich zu entwickeln, oder so.

Gibt es ein Land, wo du gerne gespielt hast, oder wo du gerne auftreten würdest?
Ich spielte immer gerne in England, du kriegst da immer tolle Reaktionen. Ich würde gerne in Australien und Japan auftreten, hauptsächlich deshalb, weil wir da noch nicht waren.


Was ist deine Motivation, Musik zu machen, immer weiter zu machen?
Weil es das einzige ist, wo ich echte Leidenschaft entwickle. Ich glaube nicht, dass es ein anderes Medium gibt, wo ich mich ausdrücken könnte und so werden konnte, wie ich bin, auf eine bessere und ehrlichere Art, als die Musik.


Was würdest du tun, wenn es Mortiis nicht gäbe? Welchen Job hättest du?
Keine Ahnung. Ich weiß es wirklich nicht, denn ich habe mich schon sehr jung für die Musik entschieden, ich hatte nichts anderes als Musik, als ich damit anfing... ich habe keine echte Ausbildung für irgendwas, ich meinte einfach Schwamm drüber und machte Musik.


Was war für dich der tollste/der enttäuschendste Moment in der Geschichte deiner Band?
Ich glaube, das war, als mir klar wurde, dass Label und die Musikindustrie generell auch Scheiße verpacken und verkaufen würde, wenn sie wüßten, dass es sich verkauft. Dass niemand in der Musikindustrie sich einen Dreck schert, und es geht nie um Musik, sondern NUR ums Geld und wieviel sie aus dem Künstler saugen können, denn wenn die Band sich auflöst oder der Künstler aufgibt, dann gehen sie einfach zum nächsten. Die Zeit, als mir das klar wurde, war eine Zeit der Ernüchterung. Aber es erklärte alles, das Label kriegte das ganze Geld und ich nichts. Im Grunde wird die Liebe zur Musik auf die härteste Probe gestellt, sobald Labels ihre Finger im Spiel haben. Kunst und Geschäftsleute sind eine schreckliche Kombination.


Gibt es ein Konzert, dass dir besonders in Erinnerung geblieben ist, weil etwas Schönes oder Schlimmes passiert ist? Wo war das und was ist passiert?
Nah, nicht wirklich... Ich meine, ich erinnere mich, wie mein Haar mal Feuer fing, Bandmitglieder von der Bühne fielen, ausrutschten und fielen, mit dem Publikum Kämpfe ausfochten usw. Aber wir lachen nur drüber, ich meine, Shit happens.




In der Vergangenheit hast du eine Maske getragen, warum tust du das nicht mehr?
Weil es ein Teil meiner Verangenheit ist, und wenn ich mir ansehe, was ich jetzt so mache, dann macht diese Maske keinen Sinn mehr, ich glaube, sie hat mit den Sachen oder der Musik, die ich nun schreibe, nichts mehr zu tun.


Wenn du zurückblickst, gibt es etwas, das du als größten Fehler deiner Karriere siehst?
Meine Verlagsrechte an ein Label zu vergeben. Das ist der größte Fehler, den ich beging, einerseits, weil denen nun eine Menge meiner Musik gehört, und andererseits: Die sind kein Verlag, deswegen wollten sie die Rechte nur haben, damit sie nicht so viel für Verlagsrechte blechen müssen, wenn sie Platten pressen. Ich könnte da was erzählen... es ist einfach nur der Geiz der Plattenfirma.


Was gefällt dir im Musikbiz, und was hasst du daran?
Mir gefällt nicht wirklich viel daran. Ich mag meine Freiheit, aber ich habe Verträge gesehen, wo dir die Labels alles vorschreiben wollten, also wollen sie dir auch die Freiheit nehmen. Ich hasse die Art, wie Labels sich alles aneignen wollen.


Was macht ihr, wenn ihr nicht im Studio oder auf Tour seid? Wo macht ihr Urlaub?
Naja, wir machen nicht wirklich Urlaub, aber wir sprachen darüber, dieses Jahr nach Prag zu fahen. Wenn ich wegfahre, muss es was mit Kultur zu tun haben.


Hat sich die Musik/die Musikszene stark verändert, seit ihr angefangen habt?
Naja, absolut jeder, und jeder einzelne seiner Familie bringt heutzutage ein Album raus, und mit der mp3-Invasion wurden die Labels total hysterisch, es scheint heute viel schwerer zu sein, einen Vertrag zu bekommen. CDs verkaufen sich nicht, es gibt zu viele illegale Downloads, die Leute sind extrem faul und scheinen nicht mal gerne aus dem Haus gehen zu wollen.


Würdest du beim Eurovisions Song Contest teilnehmen?
Nein, ich glaube, das wäre der Abgesang meiner Integrität... Der Großteil der Musik dort ist perfekt auf Familien und die ältere Generation zugeschnitten. Für gewöhnlich sind jene, die gewinnen, das nächste Jahr schon wieder in Vergessenheit geraten. Ich dachte noch, es sei lustig, als Lordi gewannen, aber als ich dieses Jahr Apocalyptica dort sah als Teil der Show, hatte ich das Gefühl, dass Finnland daraus Kapital schlagen will, eine Art elitäre Vorreiterrolle für härtere alternative Musik zu übernehmen... Ich weiß nicht, was ich davon halten soll... Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, was ich denken soll, aber alles scheint etwas scheinheilig zu sein. Ich bin sicher, dass die Leute hinter all dem noch vor einigen Jahren über dieselben Künstler hergezogen sind... woher auch immer der Wind weht, glaube ich, werden diese Leute nur dem Geld nachjagen.





Hattest du schon mal auf Tour sowas wie einen Kulturschock erlebt?
Ich bin nicht sicher, wir waren hauptsächlich in Europa und den USA unterwegs, also hab ich da nicht wirklich was an Kulturschock gehabt. Außerdem bin ich wohl vertraut damit, wie es auf der Welt zugeht, habe für gewöhnlich eine Vorstellung davon, wie die Leute so sind oder zumindest ein grundsätzliches Verständnis, was das für ein Land ist, wenn ich dort hinfahre :)


Welchen Rat würdest du einer Newcomer Band geben?
Seid vorsichtig damit, was ihr unterschreibt. Plattenfirmen sind nicht eure Freunde, auch wenn sie vorgeben es zu sein. Du bist nur ihr Gehaltsscheck, und sie lassen dich ebenso schnell fallen, wie sie dich aufgelesen haben. Vom Künstlerischen her würde ich sagen, bleibt eigenständig, glaubt an das, was ihr macht, wenn ihr es macht, keiner kann euch vernichten, ihr lebt ewig, wenn ihr nur daran glaubt.


Eine abschließende Nachricht an deine Fans?
Danke für die Lektüre und besucht mortiis.com und unsere Myspace-Seite, haltet die Augen offen für unser neues Album, and see you on tour.





Autor: Sandy Mahrer, transl. K. Weber, photos: Mortiis
Eingetragen am: 2007-06-06

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