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Chimaira – Untier mit sechs Köpfen

Sie machen ihrem Bandnamen alle Ehre: Eine Chimäre (griech. “chimaira”) ist ein feuerspeiendes Geschöpf aus der griechischen Mythologie, ein Mischwesen, das Gliedmaßen unterschiedlicher Tiere und drei Köpfe aufweist und sowohl Tiere als auch Menschen bedrohte. Chimaira, die Band aus Ohio, besitzt gleich sechs Köpfe. Der Stalker traf einen von ihnen, Sänger Mark Hunter, zum Interview.



Zu allererst bringt er uns die Bandmitglieder ein wenig näher:
Rob Arnold ist unser Lead-Gitarrist. Er hängt gerne einfach nur ab, trinkt dabei eine Menge Bier und hört Metallica.

Chris Spicuzza ist unser Keyboarder und nie ohne seinen Computer. Er ist quasi an die Matrix angeschlossen. Wir machen uns immer darüber lustig.

Jim LaMarca, unser Bassist, isst sehr gerne und isst und isst und isst und dann isst er gerne noch mehr und meint dennoch, er sei auf Diät.

Matt De Vries ist der Rythmusgitarrist, hat rote Haare und wird wahrscheinlich irgendwann wegen des Alkohols in Schwierigkeiten sein, wenn man sieht, wieviel Bier und Vodka er trinkt (lacht) – nicht ernst gemeint.

Dann ist da Kevin Talley, unser Drummer. Er ist der Neue in der Band, also derjenige, über den wir uns lustig machen, besonders weil er ursprünglich aus Texas stammt und wir alle aus Cleveland in Ohio sind. Er ist unser kleiner Texas-Prolet.

Ich selbst liebe Horrorfilme, das Touren und ich liebe es, Alben zu machen.

Lass uns über den Grund reden, weshalb Kevin das neuste Bandmitglied ist. Ihr habt Euren Schlagzeuger recht oft gewechselt – was steckt dahinter?
Wir hatten ein bisschen Pech. Unser ursprünglicher Drummer Jason Genaro hat die Band nur kurze Zeit nachdem Chimaira gegründet war wieder verlassen, weil sein Sound nicht zu dem passte, was wir haben wollten. Der nächste war Andols Herrick, aber nach einer Weile ging auch er, weil er das Touren satt hatte. Es erfordert schon einen bestimmten Typ Mensch, um 300 Tage im Jahr unterwegs und weg von zu Hause zu sein. Er kam damit nicht zurecht. Dann kam der nächste Drummer, Rick Evensand, der in einer anderen Band namens Soilwork spielt, dann aber auch bei uns war. Wir haben aber festgestellt, dass es sehr schwierig ist, als amerikanische Band einen europäischen Schlagzeuger zu haben. Er konnte keine Wohnung in Amerika bekommen, kein Telefon – nichts. Schließlich waren wir der Meinung, es sei einfacher, einen neuen Drummer zu finden, auch wenn das sch... ist. Jetzt ist Kevin seit einem Jahr bei uns und wir klopfen alle auf Holz.

Das neue Album lautet selbstbetitelt “Chimaira”. Selbstbetitelte Platten sind für gewöhnlich Meilensteine für Bands. Was macht dieses Album so besonders für Dich?
Ich kann ohne Arroganz sagen, dass dies der klarste Sound ist und es ist endlich ein Album, welches nach Chimaira klingt. Wenn Du eine Slayer-Platte hörst, ohne zu wissen, was es ist, erkennst Du dennoch beim ersten Song, dass es Slayer ist. Ich bin der festen Überzeugung, dass man bei unserem neuen Album sofort weiß, dass es Chimaira ist. Ich habe das erste Mal das Gefühl, dass wir wie die sechsköpfige Band klingen, die wir sind und es ist genauso, wie der Bandname schon sagt: verschieden Tiere, die ein Monster formen.

Ein Song auf dem neuen Album heißt “Nothing Remains”. Ich habe gehört, der ist Dimebag Darrel gewidmet. Stimmt das?
An dem Tag, an dem wir diese schreckliche Nachricht, dass er auf der Bühne erschossen wurde, hörten, waren wir alle in unserem Übungsraum und ziemlich geschockt und traurig. Wir starrten für eine Stunde oder länger einfach nur auf den Boden und sagten nichts. Ich meinte dann: “Wisst Ihr was? Was zum Teufel würde Dimebag jetzt tun, wenn einer seiner Freunde gestorben wäre? Er hätte seine Gitarre genommen und verdammt coole gute Musik geschrieben.” Und ich habe dann dafür gesorgt, das wir das so machen. Die Lyrics sind also nicht über dieses Thema, aber die Musik fängt die Gefühle ein, durch die wir an jenem Tag gegangen sind und natürlich ist es so etwas wie eine Hommage an ihn.

Ein weiterer Song auf “Chimaira” heißt “Lazerus”. Bezieht sich das Lied auf jenen Lazarus aus der Bibel?
Nein, definitiv nicht. Wir haben den Song für einen Freund von uns geschrieben, der Selbstmord begangen hat. Der Name “Lazerus” hat eine persönliche Bedeutung für diese Geschichte.



Metal wird in den Staaten zur Zeit groß. Was denkst Du ist der Grund dafür?
Es ist definitiv eine großartige Zeit in Amerika für heavy Bands. Viele Formationen kommen auf und werden richtig gut bei dem, was sie machen, aber gleichzeizig wird es auch recht beängstigend, wenn man den Hype um diese beliebten Bands sieht. Wenn wir an einem neuen Album arbeiten, müssen wir uns abheben, wir müssen Risiken eingehen und eben das ist so wichtig für uns, da wir nicht dieselbe Platte immer und immer wieder machen möchten. Wir müssen mit jedem Album härter arbeiten. Wir hören uns auch viele andere Bands an, weil wir nicht das machen möchten, was sie machen, da sie es eben schon gemacht haben. Es ist schwierig etwas zu fabrizieren, das wirklich heraussticht. Wir wollen nicht in der Vergangenheit bleiben, also braucht es so lange wie es braucht, bis alles in unseren Augen perfekt ist. Wir stehen nicht unter Druck und scheren uns daher nicht darum, ob es ein, zwei oder drei Jahre dauert, bevor das nächste Album folgt.

Wenn Du sagst, dass Ihr nicht unter Druck seid, bedeutet es, dass ihr neben der Musik noch andere Jobs habt?
Oh doch, wir waren auf jeden Fall unter Druck, als es schließlich ans Schreiben ging, weil wir einfach besser sein wollten. Wir haben seit etwa fünfeinhalb Jahren keine täglichen Jobs mehr, da es bei so vielen Touren ziemlich unmöglich ist. Wir haben nicht einmal Zeit zu Hause zu sitzen und fern zu sehen, denn wenn wir nicht auf Tour sind, arbeiten wir im Studio. Es geht immer um Musik, Musik, Musik. Wir sind keine Rockstars und nicht reich, aber wir sind in der Lage ohne täglichen Job zu überleben.

Wie handhabt Ihr die Beziehungen mit Familie und Freunden zu Hause, wenn Ihr so oft weg seid?
Sehr vorsichtig! Natürlich ist es traurig für uns und traurig für sie, dass wir nicht die ganze Zeit mit ihnen zusammen sein können, aber unsere Familien sind alle sehr stolz auf uns als Musiker, stolz, dass wir die Welt sehen, stolz, dass wir unseren Traum leben und wir sind schließlich immer noch so jung - es ist also kein Fehler. Wir haben im Moment die Zeit unseres Lebens. Ich weiß, sie wünschten, sie könnten auch ein Teil davon sein. Sie geben uns den Background, den wir brauchen, die Liebe und die Unterstützung. Natürlich ist es manchmal nicht schön und wir bekommen Heimweh und wenn wir zu Hause sind, verbringen wir so viel Zeit wie möglich mit ihnen.



Wie ist Deine Meinung zur letzten Wahl in den USA?
Ich denke es war letztendlich fair, es gab dieses Mal keine Auseinandersetzungen, die das ganze begleitet haben. Es war fair, korrekt und es gab keine dieser verrückten Nachzählungen. Bin ich glücklich mit dem Ergebnis? Sicherlich nicht, aber die Mehrheit der Amerikaner hat in eben dieser Art und Weise entschieden. Ich glaube nicht wirklich, dass John Kerry in der Lage gewesen wäre, das Amt zu übernehmen, aber ich glaube genauso wenig, dass Gerorge Bush der richtige Mann für das Oval Office ist. Ich bin also irgendwo in der Mitte.

Wenn Du etwas ändern könntest, was wäre das?
Diese Auffassung, die fast dem Rassismus gleichkommt. Dass, was jedem jeder Herkunft wiederfährt, wenn er in andere Länder reist. Ich zum Beispiel bin Amerikaner und manchmal bin ich in europäischen Ländern und die Menschen nehmen einfach an, dass wir alle kriegsliebende Monster sind und das ist nicht der Fall. Und manchmal ist so, zum Beispiel in Amerika, dass Leute mit einem arabischen Akzent sofort als Terroristen wahrgenommen werden, aber so ist es nun mal nicht. Ich wünschte, die Menschen nähmen ihren Kopf aus dem Hintern und lassen Menschen Menschen sein. Es ist wirklich bedauernswert, dass überall Leute sind, die annehmen, ein ganzes Land sei so und nicht anders. Nicht jeder in Deutschland ist ein Nazi und nicht jeder Franzose riecht wie Scheiße.

Zu guter Letzt erzähle uns doch eine lustige oder skurrile Geschichte aus dem Tourleben.
Na klar! Wir waren mit Slipknot und Fear Factory auf der Jägermeister Tour, spielten in unserer Heimatstadt Cleveland und feierten danach kräftig. Ich trinke nicht so viel und normalerweise bin ich nach zwei Kurzen Vodka oder ähnlichem betrunken. In dieser gewissen Nacht habe ich getrunken, getrunken und getrunken und hatte viel Bier, viele Kurze, viele Mix-Getränke und gegen Ende der Nacht trank ich eine halbe Flasche Absinth. Ich ging nach Hause zu meiner Freundin und sagte ihr, dass es mir nicht so gut ginge und wollte in der Badewanne sitzen. Sobald ich ins Badezimmer kam, habe ich die ganze Wanne und meine Freundin vollgekotzt. Das ist der Grund, weshalb ich nicht mehr so viel trinke.


Autor: Saskia Meerbaum, Photos: hfr
Eingetragen am: 2005-09-26

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