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Domenica: Blonder, heißer Rock`n´Roll

Domenica kommt aus dem Herzen (von Kanada) und wird von einem attraktiven Motor vorangetrieben, der Betti Friesen heißt, singt, Gitarre spielt, die Lieder schreibt und rockt. Ständig und in diesem Jahr weltweit auf Tour trafen wir Betti in Hamburg, Deutschland, und stöberten zum neu erschienen Debüt "The Luxury" in den Einzelheiten sowie in den persönlichen Hintergründen.

Deine Lieder, Bekki, mischen verschiedene Stile, Grunge, Metal mit streckenweise sogar romantischem Pop. Du magst es, unterschiedliche Genres miteinander zu verbinden?
Ja, ich mag alle Arten von Musik. Ich höre sanften Pop genauso wie Death Metal. Wenn ich nun selbst einen Song schreibe, entwickelt sich dieser nach meinem Gefühl. Ich bediene mich manchmal von verschiedenen Quellen und lasse unterschiedliche Idee in einem Lied verschmelzen. Aber ich fange nicht an mit der Absicht, Genres zu vereinigen, es entsteht einfach.


Domenica existiert seit 2004. Wie hat damals alles begonnen?
Schon als ich ins Gymnasium ging schrieb ich viele Songs und war ganz scharf darauf, eine Rockband zu gründen. Aber es war schwierig, passende Musiker zu finden. Zu der Zeit jobbte ich in einem Tonstudio, und einer von den Leuten dort half mir und fand Musiker, mit denen ich mich in einer Bar sozusagen per Blind Date traf. Aber es war toll, wir verstanden uns sofort sehr gut.

In Winnipeg gibt es doch eine Menge talentierter Musiker so wie Dreadnaut oder Aerocar Model Four, nicht wahr?
Oh ja!! Das liegt wohl daran, daß wir diese langen, kalten Winter haben, in denen man nicht nach draußen geht, sondern drinnen sitzt, trinkt und Rockmusik spielt.

“The Luxury” wurde zuallererst am 9. September 2009 in Japan herausgebracht. Wenige Tage danach folgte das Release in Kanada, erst jetzt im April 2010 in Europa. Habt ihr schon in Japan gespielt?
Nein, aber wir haben im kommenden September eine Tour in diesem Land vor uns, zusammen mit einer dort richtig berühmten Band. Es sind die Head Phones President, ich glaube, die bekannteste weibliche Metalband in Japan. Das wird bestimmt sehr intensiv und eine tolle Erfahrung.

Und wie waren bisher die Reaktionen auf "The Luxury" in den verschiedenen Ländern?
In Japan ist das Album bereits sehr erfolgreich. Wir hatten diesen Erfolg gar nicht erwartet, denn wir sind ja nicht so bekannt und hatten auch nicht bei einem großen Label unterschrieben, sondern bei einem eher kleinen. Aber es sind in verschiedenen Magazinen bereits große Artikel erschienen, und vor drei Monaten erfuhren wir, daß eins unserer Lieder zu einem der besten Rocksongs 2009 gewählt worden ist. In Kanada ist das etwas schwieriger. Wir haben dort lange getourt, aber das Land ist so groß, und es leben nicht viele Menschen darin. Man spielte unsere Songs im Radio, und wir hatten ein paar richtig gute Shows zusammen mit Bands, die sehr viele Fans zogen, so wie zum Beispiel mit Papa Roach.

Das Album ist aufgenommen worden im Studio von Matt Sorum (Guns n´ Roses/Velvet Revolver) in Hollywood. Es wurde produziert vom Grammy nominierten und vielfach Juno ausgezeichneten Brandon Friesen, mit dem Du verheiratet bist. Gemastert wurde die Platte von Tom Baker (Nine Inch Nails, Marilyn Manson, Rob Zombie) - kannst Du was über diese Prozedur sagen inwieweit sich die ursprünglichen Songs durch all das Produzieren und Bearbeiten verändert haben?
Einige haben sich stark verändert, andere blieben fast gleich. Es spielte sich so ab, daß die Band und ich unsere Songs eingespielt haben und ich damit zu Brandon ins Studio ging. Dort hat Brandon die Lieder dann in den Computer reingeladen und darin bearbeitet. Wir hörten uns das Material immer wieder an, und er kam als Produzent mit verschiedenen Ideen, das Material zu formen. Zusammen arrangierten wir gemeinsam die Lieder im Computer, was ich dann später mit der Band live übernahm.


Und welche Lieder blieben weitestgehend so wie am Anfang, ohne zu sehr verändert zu werden?
"Luxury"... "The long road", "Sailaway", "I love my gun" - die blieben ziemlich dieselben wie ganz zu Beginn.

Drei Lieder schriebst Du zusammen mit Marcos Curiel, dem Gitarristen von P.O.D. - wie hat sich diese Kooperation auf die Platte ausgewirkt?
Nun, er hat eine ganz andere Vorgeschichte. Damit meine ich, er hat schon Millionen CDs verkauft und hat mit Hip Hop Künstlern zusammengearbeitet, ebenso wie mit Metal-Musikern. Dagegen war Domenica zum ersten Mal im Studio. Als er dazu kam, brachte er seine richtig fundierte Erfahrung mit und hatte das Ziel, ein gutes Album mit uns zu produzieren. So war er für uns etwas wie ein Mentor. Wir haben sehr viel von ihm gelernt.

Im Lied "Sailaway" ist auch der Gitarrist Stevie Salas (Mick Jagger, Buddy Miles, Rod Stewart) mit dabei. Wie ist es dazu gekommen, daß er bei eurer Platte mitgemacht hat?
Es gibt in Kanada eine TV Show, bei der Stevie als Gastgeber auftritt. Er befand sich gerade in Winnipeg, als wir im Studio unsere Aufnahme von "Sailaway" machten. Plötzlich riß er die Tür auf und schrie: " Ich liebe diesen Song! Könnt ihr noch eine Gitarre darin brauchen?" Wir meinten "wouw, ok, warum nicht?" So ist er ohne jeden Plan spontan dazu gestoßen und hat mit uns bei diesem Lied mitgespielt.

Und wie entsteht sonst eure Musik, wie arbeitet ihr zusammen? Schreibst Du die Musik oder ist sie ein Produkt der gesamten Band?
Naja, ich habe schon eine genaue Vorstellung von den Klängen. Ja, es ist meine Musik. Ich habe in Kanada ein Studio, wo ich erstmal damit beginne, meine Demos aufzunehmen. Manchmal sind die ganz toll, manchmal wird die niemand je zu Gehör kriegen.

Und danach ist alles fertig und alles hat nur noch von den anderen gespielt zu werden oder gibt es für deine Musiker noch Platz, etwas zu verändern und ihre eigenen Ideen mit einzubringen?
Also, ich spiele eigentlich keinen Bass. Wenn ich nun auf meinen Demos Bass einspiele, ist das nicht so wie es ein richtiger Bassist tun würde. Darum kann Kurtis alles machen, was er mit den Bass-Lines für richtig hält. Sollte das irgendwie zu funky werden, korrigieren wir das natürlich. Aber jeder in der Band hat Luft, seinen eigenen Anteil zu entwickeln. Da kommt von jedem eine Menge Kreativität dazu.

Was ist mit den Texten - sind die wichtig für dich bzw. fügen die der Musik eine Botschaft hinzu?
Es ist grundsätzlich für mich schwer, die Texte vor der Musik zu verfassen. Früher am Anfang war alles, was ich schrieb, mehr textbezogen und mehr poetisch. Aber dann entwickelten sich meine Fähigkeiten an der Gitarre und damit meine musikalischen Möglichkeiten, so daß ich mich mehr auf Rhythmus und Melodien konzentrierte. Die Texte entstanden erst hinterher. Sie handeln grob gesagt über die Welt aus meiner Perspektive.


Und gibt es für dich ein Lieblingslied auf der Platte?
Oh ja, das ist "The long road". Es ist nicht so wie die anderen Lieder. Ich habe es geschrieben, als ich ungefähr Achtzehn war. Ich mag es sehr, weil es sich mit Erinnerungen und meiner Vergangenheit verbindet. Und ich mag sehr, wie Brandon es produziert hat, irgendwie so dunkel und elektronisch.

Gibt es auf den Song "I love my gun" Reaktionen, insbesondere in den USA, wo ja bekanntlich viele Leute Waffen besitzen?
Ja. Wir spielten letzten Dezember in Michigan ein paar Shows. Dort hatten wir eine Tour verbunden mit christlichem Sponsoring, Geschenke für Kinder, und das war initiiert worden durch die Marines. Wir sind Kanadier, daher war das für uns etwas seltsam, denn wir haben zu Militär und den Marines eine andere Einstellung. Und ja, in größeren Städten wie Chicago erhielten wir dann starke Reaktionen seitens des Publikums, wo zu dem Lied kräftig "I love my gun, I love my gun!" geschrien wurde. Aber ok, die Sache mit der Musik ist die, daß schließlich jeder seine eigene Interpretation haben kann... ich habe dabei ja auch meinen eigenen Blickwinkel.

Bekki, ich habe mal ein bißchen in deinen historischen Wurzeln gegraben. Dein voller bzw. früherer Name lautete Rebekkah Marianna Penner.
Ja! Später erst Friesen. Ist ein Penner auf Deutsch nicht so etwas wie ein Gammler und Vagabund?

Ja, richtig, so etwas wie ein Obdachloser.
Genau. Das ist mein Spitzname!

Du bist die Tochter von Karen Anita Baronesse von Hahn, diese ist die Tochter von Paul Adolph Gert Baron von Hahn, der1926 in Mitau in Lettland geboren wurde. Er war der Sohn von Carl Richard Alexander Baron von Hahn, der 1889 in Linden, Deutschland, zur Welt kam. Soviel ich weiß, sprichst Du sehr gut Deutsch. Lassen diese historischen Familienbande für Dich die Veröffentlichung Deiner Platte und deine Konzerte in Deutschland zu einem besonderen Ereignis werden? Hier, wo Dein Urgroßvater geboren wurde?
Oh ja! Drei meiner Großeltern sprechen Deutsch. Sogar mein Großvater von der Seite meines Vaters. Deutschland ist eindeutig ein Land für mich, zu dem ich einen besonderen Bezug habe. Es lebt hier immer noch ein Teil meiner Familie, den ich aber nicht kenne. Ich hoffe aber, daß es mir gelingt, sie anzurufen und einige meiner Vettern und Kusinen zu treffen.

Es gibt weltweit unglaublich viele gute, talentierte Bands mit tausenden guter Songs und tausenden Wünschen, bekannt zu werden und genug Geld zu verdienen, um davon leben zu können. Was denkst Du, macht den Erfolg aus? Was entscheidet darüber, welche Band hochsteigt und welche stagniert oder scheitert?
Schwierig zu sagen. Es hat zuallererst mit der jeweiligen Band selbst zu tun und auch mit ihrer Fähigkeit zu verstehen, daß es so viele Leute da draußen gibt in den unterschiedlichen Ländern, die dich nicht kennen - aber du mußt ihnen einen Grund geben, warum sie ihr normales Leben unterbrechen sollen, um dir zuzuhören und zu deiner Show zu kommen. Es ist wirklich ein großer Prozeß, eine neue Marke zu entwickeln, gute Musik zu schreiben und - ganz wichtig - mit guten Leuten zusammen zu arbeiten. Nicht notwendigerweise mit großen Labels, aber mit Leuten, die deine Musik wirklich zu schätzen wissen und dir helfen wollen. Das alles ist eine Frage harter Arbeit.


Du hast Dir insbesondere noch mehr Arbeit aufgehalst, denn neben der Musikkarriere hast Du auch noch Sozialwissenschaft studiert?
Ja, ich habe jetzt abgeschlossen. Aber ich habe viel Universitätszeit im Van verbracht, Essays, Bücher und Papiere gelesen, während wir unterwegs waren. Aber das hat geklappt, also war es okay.

Welche Bands oder Musiker gehören zu Deinen Favoriten?
System Of A Down finde ich absolut hervorragend. Außerdem Silver Chair, Queens Of The Stone Age, Radiohead - Metal, Rock und schräge Musik.

Und mit welcher Band würdest Du gerne zusammen mal auf Tour gehen?
Es gibt eine Menge Gruppen, mit denen ich gerne touren würde. Foo Fighters. Queens Of The Stone Age. Rock`n´Roll Bands!

Gibt es einen Ort auf der Erde, wo Du besonders gerne auftreten würdest?
Nun, in Deutschland. In Australien und Japan. Und sehr gerne in Mexiko - ich liebe Mexiko! Allerdings haben die dort keine besonders ausgeprägte Rock`n´Roll-Kultur. Die haben da viel Metal und auch richtig harte Musik. Aber ich glaube, für eine Kanadische Band wie wir es sind gibt es da nicht viel zu holen.

Was hast Du so für die kommende Zeit an konkreten Plänen?
Wir spielen zunächst einige Konzerte hier in Deutschland. Dann kehren wir nach Kanada zurück und haben ein paar Shows dort. Im Juli sind wir in Australien. Im August spielen wir in Kanada in einem großen Stadion zusammen mit den Stone Temple Pilots und Buckcherry. Danach haben wir die Tour in Japan. Außerdem werden wir ganz sicher noch in diesem Jahr ein zweites Album herausbringen.

Ein zweites Album - was wird neu sein und anders als bei "The Luxury"?
Ich möchte dazu noch mehr mit anderen Menschen zusammenarbeiten, weil ich denke, daß dies das Spektrum des Albums erweitert. Jeder wächst und verändert sich, auch die Songs entwickeln sich zusammen mit dem Leben. Das neue Album wird sich nun nicht total von "The Luxury" unterscheiden, aber es werden etliche neue Sachen und Ideen dazukommen, die neue Strukturen zeigen.

Vielen Dank für das Gespräch! Möchtest Du noch abschließend etwas bemerken?
Ja, kauft "The Luxury", damit wir zurückkommen und hier wieder touren können!

Domenica:
Bekki Friesen vocals, guitar
Kurtis Wittmier bass
Josh Bedry guitar
Steve Hrycyshyn drums

www.myspace.com/domenicamusic


Autor: Andreas Torneberg, photos: A. Torneberg + Domenica
Eingetragen am: 2010-06-07

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