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Union Youth - das harte Los der späten Geburt

Union Youth kommen aus dem beschaulichen Bad Bentheim in Niedersachsen, einem kleinen Ort, in dem sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Im Jahr 2002 machte die innovative Alternative Rock-Band von sich reden, als Limp Bizkit-Chef Fred Durst ein Demo-Tape des Vierers in die Hände bekam, vor Entzückung jauchzte und Union Youth für sein Label „Flawless Records“ signen wollte. Die vier „Krauts“ waren jedoch mit den Rahmenbedingungen des Plattenvertrags nicht einverstanden „Wir hatten kein gutes Gefühl“, so dass sie Fred Durst eine Absage erteilten und somit ein siebenstelliges Angebot ausschlugen.

Ihr Debüt-Album „The Royal Gene“ erschien schließlich bei Eastwest (Warner), mittlerweile ist die Band beim Label „Eat The Beat“ zu Hause. Das Zweitwerk „The Boring Years“ erblickte dort im vergangenen Juni das Licht der Welt. Während des Interviews erlebe ich in Schlagzeuger Bowy und Bassist Nosse K. von Union Youth zwei entspannte, bodenständige und beredsame Burschen. Die meiste Zeit dabei übernimmt Bowy das Wort, unterdessen malt Nosse einen kleinen Weihnachtsgruß für die STALKER-Leser.



Wie ist das zurückliegende Jahr für Union Youth verlaufen?
Bowy: Es gab diverse Höhe- und Tiefpunkte. Wir brauchten Ewigkeiten, bis wir die aktuelle Platte aufgenommen hatten. Während der Zeit im Studio haben wir unseren Plattenvertrag verloren und mussten eine neue Plattenfirma suchen. Aber dafür kam ein cooles Album dabei raus, wir fanden ein neues Label, eine tolle Tour schloss sich im Juni an. Also sowohl als auch, Höhe- und Tiefpunkte.

Wie war die Resonanz auf euer neues Album „The Boring Years“?
Bowy: Ich muss ehrlich sagen, uns liegen noch keine genauen Zahlen vor. Die werden allerdings bestimmt nicht besonders gut ausfallen. Keine Ahnung, man verkauft heute einfach nicht mehr so viele Platten, das erreichen nur etablierte oder gehypte Bands. Es ist so, dass immer noch viel gebrannt wird. Ist aber okay, wichtig ist nur, dass die Menschen unsere Musik hören. Wir haben eine gute Tour gespielt, auf der auch Leute waren, die unsere Musik mögen. Es gibt halt Landstriche in Deutschland, bei denen echt viele Leute bei einem Konzert von uns sind. Wenn wir allerdings nach Bayern fahren, stehen da immer nur eine Hand voll Leutchen. Ist also sehr verschieden, aber auch immer wieder aufs Neue interessant, was passiert.

Gibt es auf der aktuellen Scheibe Songs mit einer besonderen, tieferen
Bedeutung für euch? Wenn ja, welche und warum?

Bowy: Alle Songs haben für uns eine besondere Bedeutung, sonst wären sie nicht auf dem Album. Wir haben für diese Platte ja nicht nur diese Songs geschrieben, sondern wir haben 40 oder 50 Songs gemacht und dann die genommen, die für uns stehen und das ausdrücken, was wir sind. Ich find’s allerdings blöd, den Leuten zu sagen: Mit dem Song ist das gemeint und mit diesem meinen wir genau das. Das nimmt die Möglichkeit, die Songs für sich selbst zu entdecken und eine eigene Bedeutung zu finden. Für mich persönlich hat „I Would Swear If I Could“ eine ganz besondere und persönliche Bedeutung, weil der Song in einer sehr schwierigen Zeit für mich entstanden ist.



Was ist euch von dieser Tour am heftigsten im Gedächtnis geblieben? Gab es
besondere Vorkommnisse?

Bowy: Du meinst die Visions-Tour? Ja, da bleibt mir im Gedächtnis, dass wenn man nur drei Tage am Stück spielt, einem nichts im Kopf bleibt. Man trinkt am ersten Tag, weil die Tour beginnt. Am zweiten Tag trinkt man, weil die Hälfte geschafft ist. Und am dritten Tag trinkt man, weil die Tour endet. Außerdem sind wir mit Blackmail unterwegs, wirklich gute Freunde von uns. Und auch The Subways und Revolt sind coole Bands und nette Leute. Eine rundum gelungene Tour! Aus meiner Sicht zumindest.

Wie bereitet ihr euch persönlich auf eine Show vor, habt ihr Lampenfieber,
wie geht ihr damit um?

Bowy: Das ist sehr unspektakulär, sorry. Wir haben keine Rituale, außer dass wir keine Rituale haben! Vielleicht der obligatorische Schnaps kurz bevor wir loslegen...

Wie sieht für euch die perfekte Show aus?
Bowy: Die perfekte Show gab’s von den Beatles. Von sonst niemandem. Hab ich aber leider nie sehen können. Das harte Los der späten Geburt...

Steht ein neues Album an, arbeitet ihr an neuen Songs?
Bowy: Auf jeden Fall, wir arbeiteten bereits an neuen Stücken, da war „The Boring Years“ noch gar nicht draußen, weil sich das immer so verzögert, bis eine Platte endlich im Laden ist. Da befindet man sich oft in einer Zwischenphase, in der nichts zu tun ist.



Wie war denn die Besucherresonanz bei der gestrigen Show in der Bochumer Zeche?
Bowy: Gestern war toll, der Laden war voll, ich weiß aber nicht, wie viele Besucher in die Zeche reinpassen. Vier verschiedene Bands, das zieht schon recht viele Fans an und dann ist schnell ein Club gefüllt. Mal sehen, wie es heute in Frankfurt und morgen in Stuttgart wird.

Habt ihr schon mal in Frankfurt gespielt?
Bowy: Hier in der Batschkapp gastierten wir einmal mit den wundervollen McLusky, die sich leider aufgelöst haben, das war vor zwei, drei Jahren im Rahmen der „Hurricane Festival Club Tour“. Ansonsten kennen wir uns nicht so gut in Frankfurt aus, die Stadt ist immerhin drei Stunden Autofahrt von unserem Heimatort entfernt. Neben der Batschkapp traten wir vor einiger Zeit hier im Clubkeller auf.



Nun eine persönlichere Frage, wie verbringt ihr Weihnachten und Silvester?
Bowy: Im familiären Kreise, wie man so schön sagt (lacht).

Und im neuen Jahr geht es dann erst wieder am 14. Januar mit Konzerten weiter...
Bowy: Im kommenden Frühjahr werden wir noch mal zehn bis 15 Gigs in Deutschland absolvieren. Wir sind ja bereits im vergangenen Juni ausgiebig getourt, danach gab es zwischendurch noch mal vereinzelte Shows.

Seid ihr mit eurem derzeitigen Musiker-Dasein zufrieden, könnt ihr davon leben, oder wünscht ihr euch für 2006 eine Verbesserung?
Nosse K. (bringt sich nun ins Gespräch ein, nachdem er die Weihnachtskarte fertig gezeichnet hat): Ich glaube, es dauert recht lange, bis man von so was leben kann. Wir können davon existieren irgendwie, aber...
Bowy (unterbricht lachend): Jeder von uns muss sich ein Lotto-Los kaufen und hoffen, dass es 2006 eine Ausschüttung für jeden von uns gibt. Dann können wir locker von unserer Kunst leben!
Nosse K.: Es ist ein Auf und Ab. Manchmal gibt’s Geld, manchmal gibt’s keins. Und wenn’s keine Kohle gibt, muss man schauen, was man macht.



Ihr geht Nebenjobs nach?
Nosse K.: Auch nicht regelmäßig. Wenn es sein muss, dann ja.

Was wäre für euch eine optimale After-Show-Party?
Bowy: Mit guten Freunden, guter Musik, guten Getränken, in guter Umgebung – und ohne uns.

An dieser Stelle endet das Interview, denn es wird langsam Zeit, zurück in die Batschkapp zu gehen. Das Berliner Trio Revolt, von denen mir Bowy vorschwärmt, steht in den Startlöchern, ein erstklassiges Visions X-Mas Special zu eröffnen (siehe Live-Review).




Autor: Christian Hoffmann, translation: Kathleen Gransalke
Eingetragen am: 2006-01-08

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