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Khert-Neter
STALKERs Fresh Act - Juni / Juli 2006


Zwei finnische Death Metaller in einer Kneipe in Helsinki, ein völlig selbstverständliches Szenario. Jedoch das STALKER-Gespräch entwickelte sich in eine völlig unerwartete Richtung ... Wenn ihr wissen wollt, was Tommi Havo und Vesa Kääpä von Khert-Neter so über Musiktherapie, Metal-Philosophie, ihr Debütalbum „Images of Khepri“ und Biertrinken zu erzählen haben, lest einfach weiter...

Das Ganze fing nur so als Nebenprojekt von Musikern der finnischen Bands Battlelore und Horna in den späten 90ern an, zunächst unter dem Namen Kalmisto. Mittlerweile ernsthaft und mit dem aktuellen Line-Up Tommi Havo (git + voc), Vesa Kääpä (git), Anssi Mäkinen (b), Lars Holm (voc) und Enrico Huovinen (drums) wurde auch der Name geändert: Khert-Neter.



Die erste Frage liegt auf der Hand: Wieso dieser Bandname?
Tommi: Der alte Name war Kalmisto, „Grab“, und Khert-Neter bedeutet im Prinzip dasselbe, nur in etwas weiterem Sinne, sowas wie Jenseits, Grab oder mystischer Ort. Ich finde, das passt besser zu unserer Musik und unserer Philosophie, eigentlich meiner Philosophie, aber... naja, ich bin mal über eine übersetzung von Kalmisto gestolpert, und das war eben Khert-Neter – „das was unter Gott ist“. Also hab ich gegrübelt: unter Gott, was ist Gott? Ich meine, Mensch ist Gott, ich bin Gott, Vesa ist ein Gitarrengott (Gelächter) Was ist unter Gott? Im Prinzip alles, oder nichts, daher Khert-Neter.

Nicht nur der Bandname, auch der Titel eures Albums „Images of Khepri“ bezieht sich auf das alte Ägypten. Wo liegt da eure Verbindung zur ägyptischen Kultur?
Tommi: Da steckt nicht wirklich was dahinter, ich lese nur gerne Bücher darüber. Da gibt es diese Götter mit den Tierköpfen, und als Kind war ich davon total fasziniert.

Da bist du ja nicht der einzige Finne, denn auch der Autor Mika Waltari wurde besonders mit seinem Buch „Sinuhe der Ägypter“ berühmt ...
Tommi: Ehrlich gesagt, hab ich es nie gelesen ... (lacht)
Vesa: Ich auch nicht...
Tommi: Ich schmökere gerne in Lexika, hol mir dort die Informationen und mach mir so meine eigenen Gedanken... und es geht nicht um Religion, ich lehne jegliche Religion ab.

Ich nehme mal an, dass es sowas wie eine Bandphilosophie gibt, warum ihr das macht, was ihr macht, wovon die Texte handeln und was ihr mit eurer Musik erreichen wollt, außer Spaß daran zu haben, sie zu spielen?
Tommi: Bei „Images of Khepri“ geht es um Transformation. Khepri ist die aufgehende Sonne, und so sehe ich auch den Status der Band, aufsteigend. Darum dreht sich alles um Wandel, Transformation, und was danach kommt.

Das klingt ja schon sehr philosophisch... aber reden wir über die Musik. Für mich klingt das nach traditionellem Death Metal, wieso das?
Tommi: Ich bin selber ein Black Metal Veteran, und meine Transformation war die von Black zu Death Metal, soviel zu diesem Lebensabschnitt... und es macht uns allen einfach großen Spaß, Death Metal zu spielen.
Vesa: In Finnland ist es völlig normal, irgendeine Art von Metal zu spielen... mir gefällt´s, harte Musik wie Death Metal zu machen, als Herausforderung.

Okay, also wieso seid ihr beim Metal gelandet?
Vesa: Ich glaube, der Grund war, um negative Aggressionen in etwas Positives zu verwandeln.
Tommi: Ja, definitiv. Bei mir war Metallicas „Master of Puppets“ der Auslöser, ich war ein Knirps und stand nicht so auf Kirk Hammet, sondern eher auf James Hetfield, und das hat mich zum Gitarrespielen inspiriert... meistens behaupten die Black Metaller ja, dass es Venom oder eine dieser Bands war, aber bei mir war´s Metallica. Aber heute zählt das nicht mehr... ich war 13 oder 14 als ich zu spielen anfing, und meine erste Band war glaub ich sowas wie Black Metal...
Vesa: (lacht) Eigentlich hab ich wegen dem schlechten Einfluss von Alkohol und sowas angefangen... dann spielte auch ein Freund von mir Gitarre, daher fing ich auch damit an, und alles Schlechte war weg, die Gitarre und die Musik hat mich gefangengenommen...

Klingt so nach Musik als Therapie? Fühlt ihr euch nach dem Spielen besser?
Vesa: Ja, klar, das ist sowas wie eine Lebenseinstellung, um sich selber besser kennenzulernen und die Welt zu verstehen, so ungefähr wie die Japaner es halten: der Karate-Weg – der Musik-Weg.
Tommi: Wir hatten da so Momente bei der letzten Probe, echt geil: wir haben einfach die Augen zugemacht und gespielt, und es war toll. Die Texte sind auch sowas wie Therapie, es geht nicht nur um Ägypten...

Na ja, japanische Philosophie und so, da geht es ja hauptsächlich um Disziplin, also eher das Gegenteil von dem, was mit Rock´n´Roll assoziiert wird ... ist Disziplin wichtig für euch, als Band, im Privatleben?
Vesa: Das ist uns wichtig, wir sind nicht so... (lacht) wir möchten es richtig machen.
Tommi: Hmmm... naja... wenn wir einen neuen Song haben und proben, dann machen wir es diszipliniert, denn wir sollten es ja ohne Fehler hinkriegen. Natürlich passiert immer der ein oder andere Schnitzer, aber... naja, japanische Philosophie wie Zen ist eher entspannend...
Vesa: Echte Gefühle entstehen nur durch Disziplin. Wenn du dir einen antrinkst und spielst, kannst du dich leicht in etwas reinsteigern, aber nüchtern ist es plötzlich nicht mehr so einfach... und darum geht es in der Musik hauptsächlich, glaube ich.
Tommi: Kann ja toll sein, besoffen zu spielen, aber du machst jede Menge Fehler.
Vesa: Naja, nur um es zu erwähnen, während wir hier plaudern trinken wir Bier...
(Gelächter)



Zurück zur Musik: Wie würdet ihr die Entwicklung der Band beschreiben, euren Stil, die finnische Szene... Finnland steht ja hauptsächlich für melodischen Death Metal, der neuerdings auch die europäischen Charts erobert, und ihr klingt eher nach Old School...
Vesa: Weil das in uns drinsteckt, und wir können nicht steuern, was rauskommt – es kommt einfach. Aber du solltest beim Musikmachen auch den Kopf benützen (lacht)
Tommi: Ich kann diese melodischen Death Metal Bands nicht leiden. Ich mag die alten At The Gates, aber die finde ich nicht so melodisch. Morbid Angel gefällt mir gut, vielleicht haben die uns auch etwas beeinflusst. Aber dieser Old School Stil hat was – vielleicht klingt es melodisch viel zu nett, wir mögen es lieber knallhart.
Vesa: Und beim melodischen DM fehlt meist was – Eier (Gelächter). Ich finde, dass sich die Musiker entwickeln und besser werden, auch wegen Kai Hahto (Ex-Rotten Sound) und Alexi Laiho und all die Jungs von Children Of Bodom. Es ist gut, dass die Leute, wenn sie mit dem Musikmachen anfangen, auch darüber nachdenken, was sie spielen. Du musst es richtig machen, um vom Publikum richtig verstanden zu werden. Wenn du nur Schrott spielst, kommt auch keine Message rüber.
Tommi: Ich kann die finnische Musikszene gar nicht richtig beurteilen, es hat schon ein Jahr gedauert, bis ich rausfand, dass es Pantera nicht mehr gibt. Ich finde, dass es gut ist, wenn all diese Bands in die Charts kommen, was ganz natürlich ist, denn es gibt so viele Metal Fans, die all diese Platten kaufen. Und das verbessert auch die Metal Musiker, sie müssen richtig gut sein, und wenn sie in die Charts kommen wollen, sollten sie perfekt spielen können.
Vesa: Da gibt es auch sowas wie Konkurrenz, das lässt sich nicht verleugnen. Das liegt in der menschlichen Natur.
Tommi: Soviel zur Metal-Bruderschaft (Gelächter)

Hat sich für euch etwas verändert, z. B. ist es jetzt leichter, Gigs zu kriegen, gibt´s mehr Kohle?
Tommi: Gigs zu kriegen war für uns immer sehr schwierig. Wir sind echt tiefer Underground, vielleicht ist es für bekanntere Bands einfacher, ich vermute, die kriegen leichter Gigs.
Vesa: Und wir hatten auch immer jede Menge Pech (lacht)
Tommi: Gigs, die ausfielen, sogar die Release Party für unser Album mit einer Live-Show...
Vesa: Gecancelt.
Tommi: Und alle haben einen Job, also ist es schon schwierig, alle für Gigs oder Proben zusammenzukriegen.

Aber ihr träumt noch immer davon, Profimusiker zu werden?
Tommi: Darum geht es gar nicht, um Geld oder Ruhm, Fans zu haben... Musikmachen liegt uns am Herzen, wir mögen es einfach, und alle Bandmitglieder sind gute Freunde... das ist unser Leben, sozusagen.
Vesa: Es gibt zwei Arten, Musik zu machen, die für dein Konto, oder die für dein Leben. Das hier ist eine Kombination aus allen beiden – wir machen es hauptsächlich aus Freude daran, und natürlich, naja, ich glaube, alle Musiker sehen sich gerne in den Medien...

Euer Debütalbum wurde schon im Vorjar aufgenommen, in einem kleinen Studio namens Äänikäpälä, ohne Computertechnik oder digitale Spielereien. Ihr habt alles selbst produziert und finanziert... warum habt ihr euch entschlossen, analog aufzunehmen?
Vesa: Die Grundidee für dieses Album war, etwas von den Wurzeln her möglichst live einzufangen und auf Album festzuhalten. Der nächste Schritt war, den Weg dazu zu wählen. Eine Möglichkeit war, fürs Sommerhäuschen das Studioequipment anzumieten – das schien dann doch zu kompliziert. Also gingen wir ins Studio, wo das Equipment bereits stand.
Tommi: Wir haben das Studio gemietet, und für uns war das die richtige Entscheidung. Naja, vor allem wegen finanzieller Aspekte. Richtige Studios sind nicht so billig.
Vesa: Die Aufnahmen haben insgesamt einen Monat gedauert, aber zogen sich über ein halbes Jahr...
Tommi: Einige Tage aufnehmen, einige Tage frei... das war klasse, wir hatten eine tolle Zeit, kamen ins Studio, machten Kaffee, grillten Würstchen im Kamin und bastelten an den Sounds...

Also gab es nie Streit?
Tommi: Nein, nie, einfach laufen lassen
Vesa: Yeah, wir sind doch erwachsen. Es war nicht so schlimm... naja, für mich schon. Ich hatte fast ein Burn-Out (lacht)
Tommi: Er war die ganze Zeit im Studio...
Vesa: 24/7 oder so (lacht)
Tommi: Ich kenne ihn nun schon an die zehn Jahre, und ich glaube nicht, dass das unsere Freundschaft beeinflusst hat.
Vesa: Wir sind im Prinzip alle gleich – naja, im Grunde gilt das für alle Menschen... wir verlangen von anderen nicht so viel ab, ich glaube, das ist der Grund, warum wir so gut wie nie streiten.
Tommi: Wir verlangen von uns selbst soviel ab, sodass...
Vesa: ... die anderen nicht so viel verlangen müssen.
(Gelächter)

Zum Abschluss, wie steht ihr zu Lordi beim Europäischen Song Contest?
Beide: AAAAAH (Gelächter)
Vesa: Sehr interessant, denn was ist schon dabei? Ist doch nur Spaß, nichts wirklich Abartiges, nur Kunst und Musik. Und die finnische Bevölkerung hat abgestimmt, also warum sich darüber aufregen? Finnland war beim Song Contest ja immer Scheiße, deswegen müssen sie nun alles versuchen ... aber Lordi sind gut.


Photo by Klaudia Weber (all others: T. Hokanen)

Könntet ihr euch vorstellen, dass ihr dasselbe tun würdet, wenn ihr eingeladen wärt?
Vesa: Ich glaub nicht, dass Finnland so verzweifelt ist (lacht)
Tommi: Ich glaub nicht, dass die uns jemals einladen...
Vesa: Falls Death Metal jemals populär wird und wir eingeladen wären, warum sollten wir dann nicht spielen?
Tommi: Naja, vielleicht sollten wir zuerst ein paar Platten verkaufen...
(Gelächter)

Danke fürs Interview!

Website der Band: http://www.khert-neter.net
Aktueller Release: "Images Of Khepri"

Review zum aktuellen Release hier.
Autor: Klaudia Weber, Photos: T. Honkanen/Genocide Creations
Eingetragen am: 2006-06-10

Kommentare lesen: Warning: count(): Parameter must be an array or an object that implements Countable in /var/customers/webs/stalker/www.stalker.cd/inc/kommentar.inc.php on line 8 0                           Kommentar schreiben


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